Von Peter Bastian.

Mitte November wurden beim Festival Jazzdor in kleinen und großen Sälen Straßburgs wieder zwei Wochen lang Jazzkonzerte gezeigt, die sich gewaschen hatten. Eröffnet wurde das Festival von der 76-jährigen Gitarrenlegende Ralph Towner, der auch ohne seine 12-Saitige fantastisch klingt und dessen Solo-Vortrag in der Ballade „My Foolish Heart“ gipfelte. Es folgte ein ebenso hörenswertes Duo-Konzert mit Paolo Fresu (tp), der mit dem Gitarristen schön harmon-mutierte. Fresu ließ es anschließend mit seiner Band mal richtig krachen, was man nicht so oft bei ihm hört. Für die ziemlich dreckigen, funky Pieces hatte er mit Bebo Ferra (g), Paolino Dalla Porta (b) und Nicola Angelucci (dr) eine heiße Band zusammen.

The-Thing
©-Peter-Bastian

Auch bei den Konzerten am Nachmittag gibt es oft Überraschungen. So erstaunten Kaja Draksler und Susana Santos Silva an Klavier und Trompete (dieselben auch präpariert und zerlegt) mit ihren einfühlsamen Kompositionen und Duo-Improvisationen. Kaum jemand schreibt feinere Melodien als der Pianist Fred Hersch, der hierzulande selten auftritt. Im Trio mit John Hébert und Eric McPherson war er schlichtweg genial, etwa in Monks „We See“ oder „For No One“ von den Beatles. Und wie McPherson seine komplizierten Läufe ziseliert, war allein schon eine Freude. Grobmotorischer trommelt da schon Dejan Terzic über sein Set, trotzdem zählt auch er zu den besten Drummern – und was er mit seiner Band Axiom spielt, zum vertracktesten Zeug, das man überhaupt erfinden kann.

Vielversprechendes gab es vom Nachwuchs bei Music En Chantier, etwa von Schülern von Eric Watson, der hier lehrt, oder vom Atelier Mikrokosmos, das arabisch anmutende Klänge mit Bartók verband. Ein ganz starker Posaunist und Bandleader ist Samuel Blaser. Faszinierend, wie seine Band Modern Jazz und Tradition vereint, vor allem, wenn noch so ein New-Orleans-Funeral-Ding dazukommt. Auch wenn David Liebman und Emile Parisien an den Saxofonen (mit Jean-Paul Celea, b, und Wolfgang Reisinger, dr) aufeinandertreffen, kracht es. Sie spielen sich wunderbar die Bälle zu und einige der schönsten Songs von Ornette Coleman. Von Mary Halvorson (g) wird man selten enttäuscht, so auch nicht von den Illegal Crowns (mit Taylor Ho Bynum, tp, Benoît Delbecq, p, und Tomas Fujiwara, b), die ihre Instrumente mal spieluhrenartig, mal heftig improvisierend tief ineinander verwoben. Nie gehörte Töne auf dem Altsaxofon hört man von der jungen Mette Rasmussen im Duo mit dem nicht weniger erstaunlichen Schlagzeuger Chris Corsano. Ein starkes Team, das wunderbar als Opener für La chose / The Thing (Mats Gustafsson, Ingebrigt Håker Flaten, Paal Nilssen-Love) funktionierte, die seit 17 Jahren den Free Jazz aufmischen. Sie erfreuten das Publikum mit „einigen Weihnachtsliedern“, einer Stunde Powerplay. Das war sehr männlich und erinnerte an das Ende der Dinosaurier.

Auch die Kooperation mit Offenburg wird weiter gepflegt. Hier kam es unter anderem zu einem deutsch-französischen Gipfeltreffen. Das neue Trio von Joachim Kühn spielte vor dem neuen Quartett von Daniel Humair. Auch bei Kühn gab es wieder viel Ornette Coleman – schließlich hat er mit ihm noch gespielt –, aber mit „The End“ auch etwas von den Doors. Schön war es, als Kühn bei Humairs Band einstieg – sie haben lange nicht mehr zusammengespielt.