Triennale II – The Festival
Monheim

© Niclas Weber
Von Jan Kobrzinowski. Monheim steht für Community, Überraschung, Unerwartetes, Offenheit. Das Festival ist ein Glück, nicht nur für Monheim. Glück ist auch, dass Filmemacher Mika Kaurismäki im Boot war, die Medienreaktionen auf seinen Film Every Note You Play zeigen es. Die pädagogischen Kooperationsprojekte sind wieder ins Hauptprogramm integriert, insgesamt waren über 120 junge Menschen aus Monheim beteiligt. Der Bassist Achim Tang, Artist in Residence und Pädagoge, leistete wieder unermüdliche Basisarbeit. Der Trompeter Peter Evans brachte ein ambitioniertes Workshop-Ensemble mit lokalen jungen Leuten ins Hauptprogramm, und der Multitasker und Integrator Shahzad Ismaily stand wieder wie kein anderer für das Unperfekte, zu allen Seiten hin Offene. Violinistin/Vokalistin yuniya edi kwon sowie die Sänger*innen Julia Úlehla und Rabih Lahoud arbeiteten an den positiven Wirkungen der menschlichen Stimme.

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In Monheim geht es um das Erleben des anderen, die Reflexion eigenen Verhaltens im Spiegel anderer Welten, die Verschiedenheit der Kulturen. Kinder und Jugendliche wurden erneut an Genuss und Schwierigkeit neuer improvisierter und komponierter Musik herangeführt. Neben den Signature Projects auf der Hauptbühne des Festivalschiffes „Rheinfantasie“ bewahrten Solo- und Duo-Performances Workshop-Charakter und Intimität. Zwei Kirchen und der Schiffsbug boten perfektes Ambiente für so unterschiedliche Acts wie die einnehmenden Small Pipes von Brìghde Chaimbeul, Mats Gustafssons röhrende Ausbrüche, Joel Ross‘ Virtuosität oder die Free-Jazz-Power von Darius Jones (as) und Tyshawn Sorey (dr). Diszipliniert und kraftvoll ging es zu bei Peter Evans‘ zweiteiligem Being & Becoming – ein Highlight nicht nur wegen der Starbesetzung mit Ross, Sorey und Sofia Jernberg. Oren Ambarchi kreierte für Hubris mit vier weiteren Gitarristen, Band und Gast Mats Gustafsson hochkomplexe Grooves.
Das Ego in der Performance rückt in den Hintergrund, wenn Verletzlichkeit gezeigt werden kann, wenn die eigene Biografie eine Rolle spielt, wie beim berührenden silver through the grass like nothing von yuniya edi kwon. Den größten Aufwand betrieb Shannon Barnett mit ihrem songorientierten How Much is the Moon? Für ihr persönliches Märchen legte die Posaunistin ihr Hauptinstrument beiseite und setzte sich dafür singend ans Piano, begleitet von einer fulminanten Band und dem EOS Chamber Orchestra (Leitung: Hendrika Entzian). Für The Mayfield hatte Pianist Heiner Goebbels ein kompromisslos mit Geräusch und Noise arbeitendes Ensemble zusammengestellt. Auf eigene Bühnenpräsenz verzichtete Darius Jones für sein gleich zweimal aufgeführtes Samesoul Maker für Vokalensemble und Perkussion. Manches wirkte etwas überambitioniert (Chaimbeuls where the veil is thin), und mitunter wurde es dem Publikum zu politisch, wie bei Shahzad Ismailys you are the other lung in my chest. Er trug seine Solidarität mit Palästina als T-Shirt-Bekenntnis auf der Haut, scheute allerdings auch nicht die Diskussion darüber. Neben politischer Poesie (Ghayath Almadhoun), Songwriting (Miriam Elhajli) und eindringlicher Lyrik (Haleh Gafori) bestand die gesellschaftlich wirksamste Botschaft des Festivals am Ende aber in seiner Internationalität, dem Bekenntnis zur Diversität und seinem pädagogischen Auftrag.

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Schirmherr und Finanzier Daniel Zimmermann kandidiert nicht mehr als Bürgermeister, Intendant Reiner Michalke und sein Team wollen unbedingt weitermachen. Es könnten letztlich die Monheimer Bürger sein, die nun über das Fortbestehen dieses Experimentes mitentscheiden.