Cologne

Gesunder Musikverstand

© Glenda Moor

Er ist Gitarrist, Bassist, Produzent, Komponist, nach eigenen Angaben auch Erdbewohner, Band-Mitglied bei The KBCS, hat als Studiomusiker und Live-Begleiter in vielen Genres gearbeitet. Jetzt hat Lars Cölln mit Common Sense sein zweites Soloalbum veröffentlicht. Cologne lautet der Künstlername des in Berlin geborenen und aufgewachsenen Multiinstrumentalisten, der inzwischen in Hamburg lebt.

Von Lothar Trampert

Angefangen hat Lars Cölln im Alter von acht Jahren mit dem Schlagzeugspielen, die Gitarre kam mit 13 dazu und irgendwann auch der E-Bass. Ab 2006 folgten die ersten professionellen Studio-Jobs mit der Band Mutabor, mit Culcha Candela, Flo Mega, den Fantastischen Vier, Nneka, Pohlmann, Helene Fischer und Irie Révoltés. Die Liste seiner Verpflichtungen als Live-Musiker ist noch länger und ebenfalls sehr vielseitig: Unter anderem hat er in den vergangenen knapp zwei Jahrzehnten auch Yvonne Catterfeld, Revolverheld, Malia, Thomas D, Fat Freddy’s Drop, Elif, Henning Wehland, Jesper Munk, Wolfgang Niedecken, Gunter Gabriel und Nelson Müller begleitet.

Mit seiner Band The KBCS, zu der Daniel Stritzke (b), Nicolas Börger (keyb) und Lucas Kochbeck (dr) gehören, hat Lars Cölln neben den Phô Sessions Vol. 1 (2019) und Color Box (2021) gemeinsam mit Fanta4-Rapper Thomas D das Album M.A.R.S Sessions (2021) veröffentlicht, das große Aufmerksamkeit bekam. Im selben Jahr erschien mit Episode I: Elevating Music auch sein Solodebüt unter dem Namen Cologne: zwölf eingängige instrumentale Tracks, viel akustische Gitarre, relaxte Grooves – ein sympathisches Album mit unexotischer Urlaubsstimmung.

Im Juni 2022 stellte Cölln dann die Live-EP Visions vor, und die fünf Tracks, eingespielt mit Beat Halberschmidt (b), der sonst mit Marteria und Lychee Lassi aktiv ist, und BAP-Drummer Sönke Reich, haben dann schon ein ganz anderes, elektrischeres Energie-Level und jazzrocken sehr intensiv und ideenreich. Daran schließen jetzt die zehn Tracks von Common Sense an, die aber im Studio entstanden sind und komplexer, farbenfroher und noch überraschender als die Trio-EP rüberkommen. Denn hier tanzt Lars Cölln ausgiebig zwischen den Stilen, wenn er eingängige Fusion-Sounds mit sehr schönen Westcoast-Pop-Einflüssen, coolen HipHop-Drumbeats und modernem, jazzigem E-Gitarrenspiel verbindet. Insgesamt waren 15 Musikerinnen und Musiker an der Produktion beteiligt, die Arrangements sind aber nie überladen, die Grooves immer klar und straight. Cologne sucht die Harmonie, die Schönheit, die Entspannung – und hat eine Musik produziert, in die man sich fallen lassen kann.

Der Künstler will aber mehr als nur unterhalten: „In Zeiten computerbasierter Musikproduktion möchte ich eine Lanze für echte, handgemachte Musik brechen, für Unperfektion, für Menschlichkeit. Für gemeinsames Musizieren, für Risiken. Unsere Zeiten sind politisch und wirtschaftlich schwierig, zusätzlich sind wir gesellschaftlich einsamer geworden. Musik und Konzerte können das hoffentlich wieder ein wenig kitten.“ Die Umsetzung dieses hohen Anspruchs ist musikalisch und künstlerisch sehr niveauvoll verpackt, und Lars Cöllns Gitarrenspiel kann man eine sehr sympathische Mischung aus Coolness, geschmackvollen Sounds, spielerischer Ökonomie und effektivem Minimalismus bescheinigen. Er ist ein erfahrener Band-Player, der hier keine Sekunde Vehikel für egomane Solo-Trips kreiert, sondern instrumentale Statements, Bilder, Farben und Stimmungen.

„Meine frühen Einflüsse kamen eher aus dem Rock“, erzählt er. „Die Seele von Jimi Hendrix, die Attitüde von Slash, die politische, konsequente Spielweise von Tom Morello von Rage Against the Machine und die Riffs von Metallicas James Hetfield haben mich geprägt. Natürlich auch der Blues von Albert und den anderen Kings. Blues ist eh die Wurzel! Dann habe ich viel The Meters und James Brown gehört – denn ich stehe auf songdienliche, tasty Gitarren. Schließlich erschien einer auf meinem Radar, der das alles irgendwie vereint hat: John Mayer. Zuletzt habe ich aber auch viel John Scofield gehört, und ohne Frage sind auch Wayne Krantz und Derek Trucks zu nennen. Und Kurt Rosenwinkel, der war und ist mind blowing.“

Und Lars Cölln spielt auch songdienlich. Eigentlich macht er aus den genialen melodischen Solo-Spots, wie man sie in vielen klassischen Pop-Aufnahmen genießen konnte, kleine eingängige Gitarren-Songs. Da fallen Steely Dan, Tower of Power, The Crusaders ein, Soli von Larry Carlton, Robben Ford oder auch Michael Landau in den Bands von Joni Mitchell, James Taylor oder Vonda Shepard. Musik mit viel Ausstrahlung und dezenter Intensität – und irgendwie kommt die Liebe zu dem, was er macht, rüber: „Wenn ich Menschen inspirieren kann, den Weg des Herzens zu wählen, möchte ich das tun. Genial, wenn es allen Freude bereitet und Erfüllung schenkt. Ich bin dankbar für diesen Beruf.“

Aktuelles Album:

Cologne: Common Sense (Elevating Records / Believe)