Cologne Jazzweek
Köln

© Niclas Weber
Von Jan Kobrzinowski. Die Cologne Jazzweek bewegte sich in ihrer fünften Runde wieder im Spannungsfeld zwischen der radikalen Suche nach Innovation und dem Genuss vollendeter Kunstwerke. Das Kurator*innen-Team um Janning Trumann fand eine austarierte Mischung zwischen innovativem Mainstream, Kölner Avantgarde, internationalen Stars, ambitionierten Residence-Projekten und Underground-Gigs an stets zum Konzept passenden Spielorten. Neu in diesem Jahr: Museum für Ostasiatische Kunst, Japanisches Kulturinstitut, Schneiders Fahrradladen, Salon de Jazz und Kölner Dom.
Changierend zwischen Tradition und Avantgarde: Ingebrigt Håker Flatens Bandprojekt (Exit) Knarr mit Marta Warelis (p), die als Featured Artist an gleich fünf Projekten beteiligt war. Zwischen Bombast-Jazzrock, vertrackten Grooves und armenischer Folklore war Tigran Hamasyans The Bird of a Thousand Voices in der Philharmonie unterwegs. Zwei Abende im Stadtgarten standen im Zeichen klassischer Jazz-Moderne. Kurt Rosenwinkels Trio beantwortete mit Dario Deidda (b) und Gregory Hutchinson (dr) die Sinnfrage improvisierter Musik mit Schönheit, Eleganz und Geschmack. Auch im Trio, aber mit ganz anderem Ansatz arbeitete Tyshawn Sorey (dr) mit den kongenialen Partnern Aaron Diehl (p) und Harish Raghavan (b) an einem der Hauptphänomene von Jazz und Musik schlechthin, der Time. Er schuf konkrete Abstraktionen zeitgenössischer Jazztunes im Spannungsfeld des Rhythmus‘, zeitweise von intensivster Langsamkeit, um im nächsten Moment in Tempo und Dynamik zu explodieren.

© Niclas Weber
Die ewig junge, zum Quartett geschrumpfte Band Kneebody um Ben Wendel (sax) rockte den Stadtgarten ohne viel Federlesens mit amerikanischem Highschool-Charme. Den Bassisten Roger Kintopf und Robert Landfermann konnte man im Gewölbekeller der Christuskirche jeweils bei sehr individueller Konzeption von Bass-Solomusik lauschen. Das Trio der Vokalistin Enji verband in der Kirche Neu St. Alban berührend die Musik ihrer mongolischen Heimat mit Vocal-Jazz-Tradition. Gard Nilssens Supersonic Orchestra begab sich auf eine Gratwanderung zwischen einem Minimum an Komposition und maximaler Freiheit in der Großbesetzung, schwungvoll, aber ohne großes Spektakel.
Als wiederkehrendes Motiv des Festivals fungierte die Kirchenorgel. Die Jazzweek, im Erschließen neuer Räume geschickt und erfolgreich, brachte ein Konzert mit Kit Downes im Kölner Dom zustande. Weder Bilder- noch Genrestürmer, nutzte Downes das Spannungsfeld zwischen improvisierter Musik und Sakralmusik, ohne Anhänger der letzteren zu verprellen und die der ersteren zu enttäuschen. Neben dem riesigen Orgelwerk des Doms (Querhausorgel, Schwalbennestorgel sowie Hochdruckwerk im Westbau, alle vom selben Spieltisch aus zu spielen) nutzte Downes kundig das vierte Instrument – den Raum. Kristalline, splittrige Diskantklänge rieselten von gotischen Deckengebilden, von woher auch die Pedaltöne zu kommen schienen. Downes arbeitete mit liedhaftem Material und Choralmotiven und bot nichts, was nicht auf den Spieltisch gehörte, keine außermusikalischen Bedeutungsebenen wurden aufgetischt. Gerade insofern: ein großer musikalischer und kulturpolitischer Erfolg.

© Niclas Weber
Nicht nur der Dom, sondern auch der Klaus-von-Bismarck-Saal im WDR-Funkhaus besitzt eines dieser beeindruckenden Instrumente. Es wurde von der Organistin Annie Bloch und der Cellistin Emily Wittbrodt für eine Re-Imagination von Mendelssohn Bartholdys Präludium in c-M

© Niclas Weber
oll zum Zwecke der Improvisation genutzt. Die Trinitatiskirche war Schauplatz von Hayden Chisholms „Checkpoint 50 Cologne“. In einem Set seines Quartetts und einer Komposition für Bläsertrio vermittelte wiederum Kit Downes die Projekte auf interessante Weise mit der hauseigenen Orgel.



