Von Stefan Pieper. Die ersten Cologne Open im Kölner Stadtgarten waren kein Festival im üblichen Sinne, sondern vielmehr eine Leistungsschau über den künstlerischen Stand herausragender Musiker und Bands. Um dies abzubilden, brauche es den „analogen“ Rahmen intensiver Konzerterlebnisse, bekräftigte Stadtgarten-Leiter Reiner Michalke die Notwendigkeit eines neuen Showcase-Festivals. Damit nimmt sich die renommierte Kölner Spielstätte inhaltlich ihrer neuen Rolle als Internationales Zentrum für improvisierte Musik an. Im Rahmen des European Jazz Networks waren mehrere Dutzend Programmverantwortliche eingeladen worden, unter anderem aus Berlin, London, Österreich und Italien. Geboten wurden an zwei langen Abenden neue Hörerfahrungen und pluralistische künstlerische Haltungen zuhauf. Der gemeinsame Nenner? Ein fabelhaftes künstlerisches Niveau, gepaart mit unbeirrter kreativer Konsequenz.

Verspielt und feinnervig zugleich integrierten Filippa Gojo, Zuzana Leharová, Elisabeth Cloudoux und Svenja Doeinck in ihrer Band phase :: vier einen virtuosen Streicher-Jazz mit ebensolcher Vokalkunst. Was für expressive Weiten taten sich auf, als im Trio Aurora das Saxofonspiel von Sebastian Gille in tiefe Gefühlszustände hineinzog. Dieser Spieler kreiert wie kein anderer einen expressiven Ton, der nicht mehr aus Kopf und Ohr hinausgeht. Wenn Stimmen und Trommeln sich auf ihre Rolle als Ausdrucksmedium besinnen, setzt dies wunderbar impulsive dialogische Reibungen frei – zumindest wenn sich die Vokalistin Tamara Lukasheva und der Schlagzeuger Dominik Mahnig der Sache annehmen.

Mit wie viel Herzblut und noch mehr Fingerfertigkeit junge Musiker einschlägige Stilistiken weiterdenken, demonstrierte der virtuos-treibende Jazzrock des Mengamo Trios um den Gitarristen Philipp Brämswig. Im Sinne geistiger Aufklärung agiert derweil Nicola Hein, der seine elektrifizierten Klangforschungen auf der Gitarre mit den philosophischen Konzepten eines Ludwig Wittgenstein kurzschließt. Das zeigt einmal mehr, wie konsequent aus der Tiefe geschöpft wird, um ästhetische Authentizität zu erreichen. Ganz anders erreicht die stimmgewaltige Sängerin Rebekka Salomea solche Zustände, die mit ihrer extrem coolen und handwerklich bestechenden Fusion-Jazzrock-Electropop-Band eine hinreißende Bühnenpräsenz entfaltete. Wie nachhaltig ein Publikum hypnotisiert werden kann, wenn man nur selbstbewusst genug hinter der eigenen Sache steht, zeigte der Trompeter Pablo Giw. Sein Instrument wird zum künstlerischen Rohmaterial für Klangformungen und Geräuschmanipulationen, wo auch Zitate aus Noise und Techno vorkommen. Giw hielt zudem als eindringlicher Spoken-Word-Artist mit subjektiven Appellen nicht hinterm Berg. „Man sollte möglichst viel reisen“, war nur einer seiner Slogans – womit er recht hat.

Dass sich dies immer lohnt, egal ob durch Länder und Kulturen oder mit offenen Ohren durch musikalische Bezugsfelder, brachten die Cologne Open ihren handverlesenen Gästen auf jeden Fall nah. Hinter den Kulissen diskutierten diese über neue Wege für einen lebendigen Austausch untereinander. Aktuell soll aus dem European Jazz Network eine neue Plattform für künstlerischen Austausch hervorgehen, deren Ausgestaltung – auch in Gestalt einer digitalen Plattform – in Angriff genommen wird.