HÖRBUCHT

LOCKERDOWN

Lockdown, lockdowner, am lockdownsten. Immer schön locker down bleiben mit der Hood, mit der Szene. Ein Kolumnen-Intro aus der Hölle. Als wären Pandemie und die Folgen nicht schon schlimm genug. Wollen wir auch noch übers Wetter reden? Über Musik schreiben? Unsere Namen tanzen? Distanzunterricht von der Jazzpolizei? Okay, hier muss ein Absatz her, dringend! Schluss mit den dummen Fragen, Absatz. Punkt. 

Schreiben will gelernt sein. Politik auch. Da kann man nicht einfach Impfstoff bestellen, wie man will. Wir wollen das gute Zeug, und zwar schnell. Mehr von dem guten Zeug, sonst geht der Sommerurlaub 2021 auch noch flöten. Wie? Schon passiert? Wir wissen es nur noch nicht? Schluss mit den vielen Fragezeichen, endgültig! Dieses ganze rhetorische Zuviel bringt uns nicht weiter, wenn wir ein so großes Zuwenig an Stoff und Wissen haben. Verwaltung des Mangels allenthalben. Und was für eine lahme Verwaltung. Zu bürokratisch. Zu wenige Hilfen, zu langsam, zu kompliziert, zu unsicher, zu zweckgebunden, zu zurückzahlbar, zu sehr am Thema vorbei, an Kunst und Kultur, an den Menschen, an der Existenz. Punkt. Absatz.

Bewilligt, bearbeitet, bezahlt. You had one job. Alles muss raus! Rausrufezeichen! Also wir wieder raus aus der Isolation. Aus der Selbstreferentialität. Aus den Corona-Alltagen, die sich immer gleich anfühlen. Aus der Verlängerungsfalle, der Verlängerungsdepression. Schön wär’s. Wie schön war’s doch früher. Vor Alltagsmaske, Alltagsabstand und Alltagshändewaschen. Normal. Punktpunktpunkt (Alltagsabsatz).

Früher war alles besser… Sowieso, aber jetzt erst recht. So! Nerven sind runter, Menschen gehen lockdown auf dem Zahnfleisch. Salamitaktik treibt ihr höhnisches Spiel mit der Perspektivlosigkeit. Geduld aufgebraucht, Faden gerissen. Frühling wird alles besser: Haare, Laune, Wetter, Shopping, Konjunktur, Innenstädte. Wir steigern das Bruttosozialprodukt. Mit hygienisch reinen Händen. Umsatz. Absatz. Alles (letztes Absätzchen).

Alles wird gut. Wir brauchen nur Hoffnung und Träger. Hoffnungsträger, Ikonen der Hoffnung auf Lösung und Erlösung und eine bessere Welt. In der Politik, in der Wirtschaft, in der Medizin, in der Kultur. Katharsis. Wir brauchen echte Menschen, die was zu sagen haben. Echte Menschen mit Empathie und Visionen, die funktionieren. Die alles verändern und stets zum Guten wenden. Echte Gamechanger… Ende gut, alles gut. Aber echt, ey! In der Hörbucht

Björn Simon

Barack Obama

A Promised Land / Ein verheißenes Land

Deutsch: Der Hörverlag

4 MP3-CDs, gelesen von Andreas Fröhlich mit Originaltönen von Barack Obama

Englisch: Penguin Audio (alternativ: Audible in drei Kapiteln), gelesen von Barack Obama

5 Sterne

Ein unbekannter Senator aus Illinois wird zum mächtigsten Mann der Welt: Barack Obama schildert im ersten Teil seiner Memoiren auf spannende, sehr persönliche und engagierte Weise seinen Weg vom jungen Politiker mit vielen Ideen, Illusionen, Irrtümern und Hoffnungen zum US-Präsidenten mit ungeahnten Herausforderungen und Machtkämpfen.

Obama hat schon früh Maßstäbe als erster Afroamerikaner in wichtigen Posten gesetzt. Er schildert seinen zum Teil ja sehr turbulenten familiären Hintergrund mit viel Liebe zur alleinerziehenden Mutter, erinnert sich an die Höhen und Tiefen im Studium und den ersten Jahren der Berufstätigkeit und lässt dank einiger Selbstironie keinen Zweifel daran, dass er am Anfang seiner politischen Laufbahn ein idealistisches Greenhorn war. Den Zuhörenden bietet sich ein persönlich gefärbter Blick hinter die Kulissen einer ungewöhnlichen Biografie und eine brillante Analyse der US-Politik. Eine seiner Kernthesen ist übrigens, dass die erzkonservative Tea Party mit ihrem Aushängeschild Sarah Palin erst den Aufstieg von Donald Trump ermöglichte.

Bei den Erläuterungen und Hintergründen zur Außenpolitik und den Treffen mit ausländischen Staatslenkern verzichtet er auf diplomatisches Geplänkel – vielmehr schildert Obama sehr deutlich, aber immer unter Bewahrung von Anstand und Höflichkeit, was er von den Strategien und Absichten der Machthaber etwa in China und Russland hält. Angela Merkel schätzt er dagegen wegen ihrer Unaufgeregtheit und ihrer analytischen, faktenorientierten Suche nach Lösungen für politische Probleme.

So gut Andreas Fröhlich sich der Mammutaufgabe stellt und so nett die eingestreuten O-Töne Obamas sind – wer die Gelegenheit hat und sich auf der Basis seines Schulenglisch zutraut, das Original zu hören, sollte dies tun. Obama liest langsam und deutlich, wenn auch mit US-Einschlag. Doch die kleinen persönlichen Momente mit der Familie, die Zweifel und die selbstironischen Anflüge wirken im Original einfach authentischer.

Mortimer Bedford