Internationales Jazzfestival

Münster

Von Sebastian Scotney. Es muss ein wirkliches Erfolgsgefühl sein, ein komplettes Jazzfestival – mit 17 Events über drei Tage, mit Musikern aus 15 verschiedenen Ländern – bis zum Dreikönigstag auf die Beine gestellt zu haben. Festival-Direktor Fritz Schmücker und sein Team haben gute Arbeit geleistet. Sie haben es geschafft, den 40. Geburtstag des Festivals zum wahren Ereignis zu machen. Und zwar, indem sie die Vielfalt der aktuellen Jazzszene porträtierten. Dabei stellten sie auch Nachwuchskünstler vor – neue Namen, die frischen Wind auf die Bühne brachten.

Von den Reportern, Influencern und Direktoren anderer Festivals, die vor Ort waren, wurden vor allem zwei jüngere Gruppen gehypt, die auf der kleinen Bühne spielten. Zum einen war da die Trompeterin Susana Santos Silva und ihr Quintett. Die Gruppe ist nicht nur talentiert – ihre Musik war von großer Ernsthaftigkeit und Intensität, wenn sie Vokabular integrierten, das an Anthony Braxtons Musik erinnerte, oder von Sprüngen geprägte Tonreihen spielten. Ein Publikumsmagnet war auch die Münchner Gruppe LBT. Das Klaviertrio bot Jazz mit Techno-Atmosphäre. Die Musiker brachten so manchen im Publikum in der Kleinen Halle zum Tanzen – und das an einem Sonntag um 15 Uhr.

Kadri Voorand © Stefan Streitz

Meine zwei Lieblingskonzerte fanden auf der Hauptbühne statt. Besonders gut gefiel mir die Quartett-Version von Daniel Erdmanns preisgekröntem Trio Velvet Revolution – mit Erdmann (sax), Theo Ceccaldi (vio), Jim Hart (vib) und dem Schweizer Samuel Rohrer (dr). Unter dem Namen Velvet Jungle war es ihre Premiere bei dem Festival. Die Instrumentierung in den Händen solch erstklassiger Künstler – allesamt Frontmänner für sich – bringt alle möglichen Klangfarben und -gefüge sowie rhythmische und melodische Kombinationen mit sich. Ein Genuss war auch die lebhafte und humorvolle Moondog-Hommage, die vom französischen Saxofonisten Sylvain Rifflet angeführt wurde. Timing und Ort waren perfekt: Moondog, der in New York einst als echter Meilenstein gefeiert wurde, verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Münster, wo er vor 20 Jahren starb.

ShakeStew feat. QueenMu © Stefanie Marcus

Als Zuhörer kam man aus dem Staunen nicht heraus. Da war beispielsweise die ungarische Sängerin Veronika Harcsa, die auf neue Songs, ihre Band und ihre glasklare Stimme baute. Kadri Voorand war hingegen ruheloser. Hier wartete man vergeblich auf die Begeisterung, die ein guter Song in einem auslöst. Der Pianist Gregory Privat war lauter und rockiger als zuletzt, dabei waren seine stärksten Momente immer dann, wenn seine unglaublich langen Finger die subtileren Geschichten erzählten.

Einen Teil des Erfolges machen in Münster die leidenschaftlichen und sachkundigen Festival-Besucher aus. Denn sie sorgen dafür, dass die Tickets im Nu ausverkauft sind. Es gab einen wundervollen Moment während des Auftritts von Velvet Jungle, als die Zuhörer die Band mit einem tobenden Applaus unterstützten. So kann ein Festival es schaffen, einem an einem kalten, vernieselten Januartag Wärme und Zugehörigkeit zu schenken.