JazzBaltica

Timmendorfer Strand

© Jacek Brun

Von Angela Ballhorn. Mit einer angenehmen Stille, in der man eine Stecknadel hätte fallen hören können, endete die diesjährige JazzBaltica in Timmendorfer Strand. Les Égarés in der Besetzung Akkordeon (Vincent Peirani), Sopransaxofon (Émile Parisien), Cello (Vincent Ségal) und Kora (Ballaké Sissoko) spielten hinreißend. Vor allem die schlichte Komposition „Esperanza“ von Marc Perrone und Joe Zawinuls „Orient Express“, bei denen das Saxofon in den Mittelstimmen der Akkordeonharmonien untertauchte, begeisterten. Die erwartungsvolle Stille zog sich als roter Faden durch das von Nils Landgren kuratierte Festival. Das neue Programm der Sängerin und Posaunistin Rita Payés mit ihrer fünfköpfigen Band wusste mit der Stille zu spielen: sanfte Wiegenlieder für Mütter oder ein Duo mit ihrer Mutter Elisabeth Roma an der Gitarre.

Natürlich waren auch laute Passagen vertreten. Electro Deluxe heizte dem Publikum gekonnt ein, die französische Soulband motivierte silbermeliert zum Tanzen und Mitsingen. Bigbands sind schon durch die Anzahl der Musiker lauter. Die Latvian Radio Bigband aus Riga bewies einmal mehr, dass sie zu den besten in Europa gehört. Die Band hatte mit Magnus Lindgren, John Beasley und ihrer Grammy-prämierten Charlie-Parker-Komposition „Confirmation“ ein zugänglicheres Programm als die NDR Bigband. Das Hamburger Ensemble, das ein letztes Mal unter Geir Lysne auftrat, spielte Kompositionen seines Baritonsaxofonisten Luigi Grasso.

Laut und funky war auch Umbaji, die Band des schwedischen Saxofonisten Jonas Wall, der sonst in Nils Landgrens Funk Unit oder bei Mezzoforte spielt, von denen er sich Keyboarder Eythor Gunnarsson und Trompeter Ari Bragi Kárason „ausgeliehen“ hatte. Auffällig war die Dichte der Youngster. Der diesjährige Preisträger des IB.SH Jazzawards, Sänger und Bassist Lennart Meyer, lieferte ein beeindruckend reifes Konzert ab. Bei Trompeter Peter Somuah sprang der Funke erst spät über, beim Konzert von Shuteen Erdenebaatars Quartett mit Saxofonist Jakob Manz flogen die Funken dagegen. Dafür fehlten in dem sonst brillanten Konzert ein paar ruhige Momente. Der Trompeter Michel Schröder zauberte mit seinem großen Ensemble viele Klangfarben auf die Bühne. Der Posaunist Janning Trumann – wie Schröder als Jugendlicher von JazzBaltica infiziert – präsentierte ein erwartbar sprödes Programm, das durch hervorragende Musiker wie Caroline Davis (as), Jochen Rueckert (dr) und Matthias Akeo Nowak (b) lebte und atmete. Den Einsatz von Stille, Energie, Dynamik und Dichte brachte Michael Wollny mit seinem Trio mit Tim Lefebvre (b) und Eric Schaefer (dr) zur Perfektion. Ohne Setlist ließen sich die Musiker durch Kompositionen und Freies treiben.

In den vergangenen Jahren hatte eine beachtliche Zahl an Jazzmusikerinnen auf der Bühne gestanden, 2025 war die Zahl eher rückläufig. Auch wenn tolle Projekte von Céline Bonacina oder Shuteen Erdenebaatar auf der Hauptbühne zu hören waren, wäre es schön gewesen, mehr Frauen im Programm zu haben. Wünschenswert wäre auch, wieder mehr Musiker aus Polen, Finnland und anderen Ostsee-Anrainerstaaten zu hören.