Jazzfestival

Leibnitz

TomHarrellQuintet © Peter Purgar

Von Christoph Giese. Wenn man Träume hat, dann träumt man sie. Wieder und wieder. Und man hofft, es bleibt nicht beim Träumen. Für Otmar Klammer, den Künstlerischen Leiter des Jazzfestivals Leibnitz, haben sich einige seiner langjährigen Wünsche bei der siebten Ausgabe des viertägigen Festivals in der Südsteiermark erfüllt. Musiker, die der immer schon einladen wollte, sind nun endlich dabei. Miguel Zenón zum Beispiel. Der Altsaxofonist aus Puerto Rico stellt in Leibnitz seine neue CD Sonero vor, eine Hommage an die Musik des verstorbenen puerto-ricanischen Sängers Ismael Rivera. Fein, wie Zenón und sein eingespieltes Quartett mit dem Österreicher Hans Glawischnig (b) diese Musik in komplexen Jazz überführt, mit Freiheiten für virtuose Improvisationen und ohne dabei in irgendwelche Latin-Klischees zu rutschen. Auch Tom Harrell stand auf der Wunschliste, kam mit seinem Quintett nach Leibnitz und zeigte trotz seiner Erkrankung, was für ein formidabler Musiker und Gestalter er noch immer ist.

Zum Festivalauftakt war wieder der über 300 Jahre alte Bischöfliche Weinkeller des Schlosses Seggau Spielort des Geschehens. Schon in diesem Gewölbe zwischen den riesigen alten Weinfässern zu sitzen, das hat was. Die Akustik ist ebenfalls sehr gut. Da fehlen dann nur noch zwei Bands für einen genussvollen Abend. Die hatte Otmar Klammer mit den Trios Catherine Morello Faller und Das Kapital eingeladen. Wie schön, den 77-jährigen belgischen Meistergitarristen Philip Catherine im Verbund mit seinen Kollegen Paulo Morello (g) und Sven Faller (b) zu erleben. Sie beim lässigen Swingen zu beobachten, beim Aufschwingen zu zarten Improvisationen. Das Trio verwöhnt zwischen Gypsy-Grooves, Musette und einem Choro aus Brasilien. Das Kapital mit dem inzwischen in Frankreich lebenden Wolfsburger Daniel Erdmann (sax), dem Dänen Hasse Poulsen (g) und dem herrlich bockig und unorthodox trommelnden Franzosen Edward Perraud beleuchtet und dekonstruiert unter anderem Musik von Georges Brassens, Klassiker wie Charles Trenets „La Mer“ oder den Disco-Hit „Born to Be Alive“ mit Augenzwinkern, aber ohne dabei jemals den Respekt und die Linien der starken Melodien zu verlieren.

Die hochgelobte Espoo Big Band kommt in Leibnitz ein wenig zu glatt poliert rüber. Sicher, die Finnen können zauberhaft spielen und zeigen Humor und Witz. Aber ihrem Ruf als eine der kreativsten jazzigen Großformationen Europas werden sie im Kulturzentrum der Stadt nicht durchgehend gerecht. Doch bei einem mehrtägigen Festival kann und muss ja nicht jede Band restlos überzeugen.

Mit dem Alten Kino Leibnitz hat das Festival dieses Jahr erstmals einen neuen Spielort für das Friday Night Special ausprobiert. US-Pianist Kevin Hays und der aus Benin stammende Lionel Loueke (g) geben sich dort ein intimes Stelldichein. Mit Klavier, Gitarre und Gesang verbinden sie eine jazzige Herangehensweise mit westafrikanischer Einfärbung. Luftige, raffiniert zelebrierte Musik zum Entspannen.

Zum Ausklang geht es wieder hinauf zum Weingartenhotel Harkamp, und die Sonne scheint pünktlich zur Mittagszeit beim Open-Air-Auftritt in den Weinbergen. Die Ivo Papasov Wedding Band aus Bulgarien mit ihrem gekonnten Mix aus bulgarischer Folklore und Jazz und ihren durch krumme Metren gejagten Hochgeschwindigkeitsrhythmen sorgt im zauberhaften Ambiente für lebendige Unterhaltung auf Spitzenniveau.