Jazzfestival

Saalfelden

© Robert Fischer

Von Robert Fischer. Wer nach Saalfelden zum Festival fährt, weiß in der Regel, was ihn dort erwartet: Improvisationskunst vom Feinsten. Für das verlässlich hohe Niveau des Programms erhielten die Festivalmacher in diesem Jahr höchste Ehren in Form der Verleihung des „EJN Award for Adventurous Programming 2025“, den der von einem exzellenten Team unterstützte künstlerische Leiter des Festivals, Mario Steidl, auf der Hauptbühne entgegennahm.

Offiziell eröffnet werden die Konzerte dort traditionell mit der Aufführung einer Auftragskomposition, die diesmal an den Wiener Klarinettisten und Saxofonisten Leonhard Skorupa ging, der von Silke Eberhard (cl), Kirke Karja (p), Robert Landfermann (b) und Leif Berger (dr) unterstützt wurde. In ihren besten Momenten erinnerte die assoziationsreiche Musik an Bill Frisells Music for the Films of Buster Keaton.

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Ein ganz anderes Klangbild danach bei Weird of Mouth, dem mit Craig Taborn (p), Ches Smith (d) und Mette Rasmussen (sax) besetzten Trio in einem hoch-energetischen, wie durchkomponiert und doch auch frei wirkenden Set. Höhepunkt des Tages aber war der Auftritt von Patricia Brennan, für den die im mexikanischen Veracruz geborene, seit Langem in New York heimische Komponistin ein exzellentes Septett zusammengestellt hatte: Wie diese glorreichen Sieben – neben ihr selbst am Vibrafon Jon Irabagon (sax), Mark Shim (sax), Adam O’Farrill (tr), Kim Cass (b), Dan Weiss (dr) und Keisel Jimenez (perc) – Brennans grandioses Breaking Stretch-Album von 2024 über die Bühne brachten, das verband in seinen präzise ausformulierten Arrangements die intellektuelle Strenge des Trios um Taborn mit durchgängig tanzbaren Grooves und einer geradezu ansteckend sinnlichen Spielfreude. Dass Ingebrigt Håker Flaten es danach schwer haben würde, die Begeisterung zu halten, war zu erwarten – so wäre es aber auch jeder anderen Formation gegangen. Im Gedächtnis blieben vom Konzert des im Sextett auftretenden norwegischen Bassisten vor allem jene musikalischen Akzente, die die in den Niederlanden lebende polnische Pianistin Marta Warelis setzen konnte.

© Robert Fischer

Der zweite Tag begann auf der Mainstage mit Alfred Vogels Bezau Beatz Orchestra of Good Hope. Dass Mario Steidl es sich nicht nehmen ließ, dieses Konzert selbst anzumoderieren, hat mit seiner Wertschätzung des von Vogel geleiteten, ebenfalls der freien Improvisationskunst gewidmeten Bezau-Beatz-Festivals zu tun. Und mit seiner Wertschätzung gegenüber Alfred Vogel selbst, der im vergangenen Jahr an Leukämie erkrankt war, diese Erkrankung aber glücklicherweise inzwischen überstanden hat. Sein Orchester ist Ausdruck einer immer hilfreichen Hoffnung einerseits, aber auch einer Haltung, die in der Musik vor allem das verbindende Element sieht, die Idee des Brückenbauers versus diejenigen, die immer nur Wände hochziehen wollen. Musikalisch hatte man den Eindruck eines angenehm entspannt in der Ursuppe des Lebens fischenden Konzerts, dem allerdings einige dynamisch-strukturierende Eingriffe hier und da noch gutgetan hätten.

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Erwartbar exzellent waren danach die Konzerte von Laura Jurd und Teis Semey, seltsam uninspiriert auf der Stelle tretend wirkte das paneuropäische Quartett ﺃﺣﻤﺪ [Ahmed] um den britischen Pianisten Pat Thomas. Und was danach Tomoki Sanders am Saxofon und im Gesang sowie mit der Attitüde eines überforderten Party-Animateurs aufführte, entbehrte schon vom Handwerklichen her des in Saalfelden erwartbaren Niveaus.

Bleibt der letzte Tag im Congresszentrum, der mit Sun Mi Hongs famosem Bida Orchestra einen weiteren Höhepunkt des Festivals am Start hatte, mit Kalle Kalimas neuestem Projekt (Detour) begeisterte, mit Ancient to the Future an die freiheitsliebenden Ideale der Association for the Advancement of Creative Musicians erinnerte und mit dem Auftritt von The Bad Plus ein spektakuläres Ende auf der Mainstage feierte. Wie Craig Taborn (p), Chris Potter (sax), Reid Anderson (b) und Dave King (d) hier die Musik des „amerikanischen Quartetts“ von Keith Jarrett in den späten 60er und frühen 70er Jahren revitalisierten, dabei in einer besonders ergreifenden Version von Charlie Hadens „Silence“ die Seele der Musik zum Leuchten brachten, das war auf begeisternde Weise geprägt vom Geist des „Nicht die Asche bewahren, sondern das Feuer weitergeben“, der auch die 45. Ausgabe des Jazzfestival Saalfelden zu einem gelungenen Ganzen machte.

© Robert Fischer