London Column

Was habt ihr zur Zeit der Pandemie gemacht?“ Das in London ansässige Jazz-Kollektiv Kansas Smitty’s gibt eine starke Antwort auf diese Frage: Dank der unermüdlichen Arbeit ihres Musikers Giacomo Smith und des Commercial Directors Jack Abraham hatte die Band vor dem Lockdown einen Erfolg aus ihrem gemütlichen Keller-Club beim hippen Broadway Market in London gemacht. Sie hatte eine Gemeinde von Fans und Freunden um sich geschart, die ihre Musik lieben. Darunter waren einige junge Technologieunternehmer, die in dem Gebiet um den sogenannten „Silicon Roundabout“ bei Old Street arbeiten. So hatten die Smitty’s, als der Lockdown kam und es keine Live-Gigs mehr gab, einen einfachen Zugang und Hilfe bei einer neuen digitalen Marschrichtung.

Ihre schnelle Reaktion und ihr Engagement hinsichtlich neuer Technik zahlten sich aus. Mit Hilfe ihrer Techie-Fans fingen sie schon früh im Jahr 2020 an, ihre Musik zu streamen – Jam-Sessions live übers Internet. Noch ein glücklicher Zufall: Ihr Barmanager hatte Filmemachen studiert und sorgte dafür, dass die Sendungen technisch einwandfrei waren. Auch andere kommerzielle Kontakte waren sehr nützlich: Über die Plattform Patreon bauten sie eine Gruppe von Förderern auf, für die sie private Gigs über Livestream arrangieren. „Wir möchten eine enge Gemeinschaft um unsere Musik kreieren“, betonen Smith und Abraham. Ein weiterer Erfolg ist die Plattenfirma, mit der sie jetzt arbeiten, nämlich Horst Weidenmüllers Berliner !K7-Label. „Wir passen gut zusammen“, sagt Giacomo Smith. Die Zahlen sprechen für sich: 2,5 Millionen Mal wurde ihre Single „Riders“ vom Album Things Happen Here auf Spotify gestreamt. Später in diesem Jahr kommt das neue Album Plunderphonia heraus, das Smith teils als „Neuinterpretation von Jelly-Roll-Morton-Stücken“ beschreibt.

Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Zusammentreffen mit Giacomo Smith. Aufgewachsen im Hinterland von New York, hatte er gerade sein Klarinettenstudium in Montreal abgeschlossen und war dann 2011 nach London gezogen. Er wohnte in der Nähe der Royal Albert Hall und versuchte, die Londoner Jazzszene zu erobern, indem er bei Jam-Sessions in Clubs wie Ronnie Scott’s und Battersea’s Quecumbar auftauchte. Heute scheint das eine Ewigkeit her zu sein. Giacomo ist jetzt regelmäßig ein Star-Act in Guy Barkers Weihnachtsshows in der Royal Albert Hall, wo alle 6000 Karten schnell ausverkauft sind. Der feste Kern der Kansas-Smitty’s-Band besteht aus Musikern, mit denen Smith in seinen ersten Monaten in London gespielt hatte. Sie haben es geschafft, Jazz auch einer jüngeren Hörerschaft zugänglich zu machen. Die Gruppe hat hart an ihrem Erfolg gearbeitet und verdient, auch in Zukunft von sich reden zu machen.

Jazzjournalist Sebastian Scotney betreibt die Website londonjazznews.com