o-tone music

Ich will Vielfalt sichtbar machen“

© Georg Kronenberg

Aller Anfang ist klein. So auch bei der Agentur o-tone music, die Uwe Hager 1999 in seiner Wahlheimat Gießen gründete, nachdem er als Student bereits einen Job als Labelmanager für Lizenzlabels wie Stax, Fantasy, Riverside, Prestige oder Vanguard bekommen hatte.

Von Thomas Kölsch

Die Gelegenheit musste ich einfach ergreifen“, sagt Uwe Hager heute rückblickend auf 25 durchaus erfolgreiche Jahre. „Ich bin leidenschaftlicher Musiker und studierter Musikwissenschaftler, und auf einmal hatte ich Zugriff auf einen riesigen Katalog, unter anderem mit legendären Aufnahmen von Bill Evans und Thelonious Monk, die zu meinen Vorbildern gehören. Gleichzeitig kam ich in Kontakt mit vielen aufregenden Musikerinnen und Musikern, die sich immer wieder mit Sonderwünschen oder der Bitte um einen Rat an mich wandten. Daraus wuchs der Wunsch, mich selbstständig zu machen, zumal andere Agenturen keine Kapazitäten mehr hatten.“ Also begann Hager, selbst das Booking für einige Künstler zu übernehmen, später dann das Management und die Labelarbeit (erste Erfahrungen in diesem Feld sammelte er ab 2000, als er das Label Brown Sugar ins Leben rief, um Compilations aus Jazz, Soul und Funk auf den Markt zu bringen). „Schon damals war klar, dass die Musikindustrie in einem tiefgreifenden Wandel war“, sagt er, „und dass die einzelnen Arbeitsbereiche immer näher zusammenrückten. Insofern war es für mich nur logisch, eine 360-Grad-Betreuung anzubieten und alle Aufgaben in eine Hand zu überführen, was damals kaum jemand machte.“

Ein Vierteljahrhundert später ist Hager kein Student mehr, der Job aber letztlich immer noch der gleiche. Rund 300 Konzerte organisiert er im Jahr, dazu kommen zehn bis fünzehn Veröffentlichungen unter dem o-tone-Label. „Das ist nicht viel, aber an jeder Platte hängt extrem viel Herzblut dran“, sagt er. Gleiches gilt für die Künstlerbetreuung und das Management – anders hätte er wohl kaum einen Musiker wie Olaf Kübler davon überzeugen können, als Erster bei ihm zu unterschreiben. Der hatte immerhin bei Kurt Edelhagen studiert, mit Manfred Schoof und Alexander von Schlippenbach gespielt und die zweite Inkarnation der legendären Krautrock-Gruppe Amon Düül produziert, und das alles, bevor Hager (Jahrgang 1970) überhaupt geboren worden war.

Doch bekannte Namen haben diesen noch nie geschreckt. Heutzutage vertritt er die Interessen von Größen wie Carmen Souza, Triosence, Markus Stockhausen, Trilok Gurtu, Cristina Branco und Kadri Voorand, um nur einige zu nennen. Parallel dazu bewerben sich häufig weitere Künstlerinnen und Künstler, die eine Repräsentanz in Deutschland suchen und die er je nach Kontext bei einem Auf- oder weiteren Ausbau unterstützt, für sie Promo-Auftritte und ganze Touren organisiert und sie mit den richtigen Leuten in Kontakt bringt. Das alles funktioniert nicht im Alleingang, daher möchte Uwe Hager noch ein großes „Dankeschön“ an sein Team loswerden, „und auch an die vielen Künstler*innen, die seit Jahren mit uns arbeiten.“

Dabei hat sich allerdings vor allem in den vergangenen Jahren die Vorgehensweise drastisch geändert. „Die Abstimmung im Vorfeld eines Releases wird immer wichtiger“, sagt Hager. „Die Menschen haben ständig Zugriff auf eine gigantische Menge an Musik, so dass man ganz anders auf sich aufmerksam machen muss als vor 25 Jahren. Kleine Videos auf Instagram und Beiträge auf Facebook sind da nur die Spitze des Eisbergs – und das heißt jetzt nicht, dass die Belieferung von freien Journalisten und etablierten Magazinen nicht mehr stattfindet.“ Ist die Arbeit also mehr geworden? „Ich würde eher sagen, sie hat sich verlagert. Das verlangt nicht nur von mir als Manager oder Label-Inhaber eine Umstellung, sondern auch von den Künstlerinnen und Künstlern. Sie müssen sich schließlich eigenständig um ihre sozialen Netzwerke kümmern und diese ausbauen. Nur dann hat man eine Chance, sichtbar zu werden.“

Das gilt insbesondere für bislang eher unbekannte Musikerinnen und Musiker, die sich ihren Markt erst noch erspielen müssen. Das ist es, was Uwe Hager besonders am Herzen liegt. „Mein Ziel ist es, die Vielfalt sichtbar zu machen“, sagt er. „Ich finde einen Saxofonisten wie Matthieu Bordenave, der unglaublich frei und zugleich sehr emotional spielt, ebenso spannend wie eine Sängerin wie Cristina Branco, die den Fado ganz neu interpretiert und ihn mit anderen Musikstilen kreuzt. Sie habe ich erst Anfang Januar in der Elbphilharmonie erlebt, die ja keine ganz leichte Akustik hat – und Cristina hat es geschafft, darin eine besonders intime Atmosphäre zu schaffen. Das hat mich echt umgehauen. Genau deswegen mache ich seit 25 Jahren, was ich tue. Ein Konzert wie dieses entschädigt immer für die ganze Arbeit im Vorfeld.“

Website:

www.o-tonemusic.de