Snow Jazz Gastein

Gasteinertal

Von Christoph Giese. Was für eine Frau! Gisele Jackson röhrt und schreit den Soul, den Rhythm ’n‘ Blues oder den Jazz heraus. Die Amerikanerin ist genau die richtige Stimme für die Band um den österreichischen Hammond-B3-Wizard Raphael Wressnig. Und der ist genau der Richtige für den Eröffnungsabend der 17. Ausgabe von Snow Jazz Gastein. Denn der Mann aus der Steiermark ist ein Garant für groovende, beste Laune verbreitende Musik, die von Funk und Souljazz auch mal verschmitzt nach New Orleans herüberblinzelt.

Mit Rom-Schaerer-Eberle wartete am zweiten der neun Festivaltage gleich der nächste Publikumsmitreißer im Sägewerk in Bad Hofgastein. Gitarre, Trompete und Stimme – aber was heißt das schon bei einem Mann wie Andreas Schaerer? Der Vokalkünstler aus Bern kann mit seiner Stimme einfach alles: rasend schnelle Silbenfolgen raushauen, als Human Beat Box seine Kollegen mit Rhythmen versorgen oder mit dem Trompeter Martin Eberle heiße Dialoge führen. Die Palette an Ideen ist schier unerschöpflich. Ein Monk-Motiv dient als Basis für halsbrecherische Rhythmusfolgen, rockige Gitarrenlinien von Peter Rom geben die Richtung für improvisatorische Einfälle vor. Aber auch beseelt kann es zugehen, mit wunderschönen Melodien, die nach Afrika entführen.

© Josef Maier

Genau dort knüpft ein weiterer fantastischer Dreier an. Jan Galega Brönnimann aus der Schweiz (cl, sax), Moussa Cissokho aus dem Senegal (kora, voc) und der Israeli Omri Hason (perc) verwöhnen das Publikum mit wunderschönen, melodieseligen Momenten. Darin verschmelzen Afrika, Jazz und der Orient auf einer kammermusikalischen Reise, die viele Entdeckungen bereithält, die Seele streichelt und zum Träumen einlädt. Den US-Sänger Steven Santoro hatte Festivalleiter Sepp Grabmaier schon im letzten Jahr mit dem Trio des österreichischen Pianisten Walter Fischbacher eingeladen. Fischbacher arbeitet aber auch mit Sängerin Audrey Martells zusammen, mit der sie Grabmaier im Sommer in Bad Gastein begrüßen konnte – und begeistert war. Die Idee reifte, beide Stimmen zusammenzubringen. Es funktionierte prima: Der elegante Jazzcrooner und die heiße Soul-Jazz-Stimme passten erstaunlich gut zusammen.

Das diesjährige Festivalmotto lautete „Great Songs & Other Big Things“ und bescherte gleich drei Abende mit Großformationen. Der brasilianische Gitarrist Emiliano Sampaio präsentierte im Nonett sein Mereneu Project, eine stilistisch schwer zu greifende, weil so vielschichtige, beschwingte Musik, die in manchen Momenten einen prima Filmscore abgäbe. Das Schweizer Trio VEIN brachte das Aarhus Jazz Orchestra mit ins Gasteinertal und betörte mit ungewöhnlichen Arrangements, etwa von Ravels „Bolero“, den sie Stück für Stück zu Höhenflügen führten. Die Jazz Big Band Graz brillierte mit einem Querschnitt durch ihre letzten Programme und einer Musik fernab jeglicher Bigband-Klischees. Poppiger Gesang, Ethno-Einflüsse, elektronische Einsprengsel, natürlich jazzige Exkurse – und das alles verpackt in lange, spannende musikalische Geschichten: ein Festival-Höhepunkt. Das galt am Abschlusstag auch für die Matinee mit anschließendem Jazzbrunch im Hotel Miramonte, wo die vier Holzbläser von Saxofour um Wolfgang Puschnig mit viel Humor und kuriosen Momenten, aber auch ungeheurer Musikalität viel Appetit auf die anschließenden Gaumenfreuden machten.