Take 5 – Jazz am Hellweg

Westfalen

Von Stefan Pieper. Man kann die Entwicklung des Take-5-Festivals mit einem Baum vergleichen: Aus dem Nährboden der Musikszenen vieler Städte wächst ein regionenübergreifendes Festival. Die Akteure in den Spielstätten rücken unter einem gemeinsamen Dach zusammen, agieren aber eigenverantwortlich. Das hält das Engagement vor Ort lebendig und sorgt dafür, dass sich vorhandene Potenziale produktiv verästeln.

Auch im Herbst 2019 lockte Take 5 in nicht weniger als 18 Städten fast 7000 musikbegeisterte Menschen an. Nach dem Festival ist vor dem Festival, und auch zwischendurch wird es in Unna, Kamen, Werne, Dortmund, Hamm etc. kaum leiser. „Da hat sich etwas verselbstständigt“, freut sich Uli Bär, den man als gute Seele von Take 5 bezeichnen darf. Bär spielt in vielen der auftretenden Bands Kontrabass. Hauptberuflich lehrt er an der Jugendkunstschule Unna, wo sich Theater, Tanz und Musik interdisziplinär berühren: „Die Jugendkunstschule ist für das Festival der kreative Motor.“

Vor allem die Trompete stand bei der 2019er Ausgabe im Fokus. Ein fulminanter Abend im Lichtkunstzentrum Unna schloss die Potenziale aus der Region mit dem internationalen Parkett kurz: Trompeter Giovanni Falzone lebt heute in Italien, wurde aber in Lippstadt geboren. In großer Besetzung brachte er sein Horn zum Glühen, spielte sich mit ansteckendem Spielwitz in höhere Sphären – und nahm auch seine Mitmusiker dorthin mit. Zum Beispiel den Saxofonisten Matthias Nadolny, der als erfahrener Partner agierte und davon abgesehen den Musikernachwuchs in der Region auf Trab hält. Niklas Walter, ein hochtalentierter junger Schlagzeuger, stammt aus Hamm. Beim Konzert im Lichtkunstzentrum schlug er eine Brücke über die Generationen. Auch die andere Band des Abends, diesmal mit Uli Bär am Bass, präsentierte mit Dmitrij Telmanov einen hochmotivierten Trompeten-Solisten. Zur Seite stand ihm als junge starke Stimme der Posaunist Jonathan Böbel.

„Jazz ist eine Musik, die alle gern hören“, formuliert Uli Bär seine Philosophie. Kultstatus haben die von ihm gestalteten Kinderkonzerte mit einer multi-ethnisch eingefärbten ABC-Bigband. Denselben integrativen Geist versprühen Konzertprojekte etwa in Förderschulen sowie in diesem Jahr ein ambitioniertes Bigband- und Chorprojekt mit nicht weniger als 100 Beteiligten. Im Kurhaus Bad Hamm wurde Lalo Schifrins Rock Requiem enthusiastisch gefeiert.

Unterschiedlichste Menschen lassen sich in der Hellweg-Region vom Jazzvirus anstecken. Auch Pfarrer Tong Rosiepen aus Dortmund-Brackel ist musikverrückt und will Leben in die Kirchen bringen – mit Musik, die Ohren und Geist überrascht. Diesen Anspruch lösten die psychedelischen Klangwelten von About Aphrodite in bestem Sinne ein. Die Jazzlandkarte von Take 5 wächst aber längst über die Hellweg-Region hinaus. Gerade hat der westfälische Kunstverein als formaler Träger des Take-5-Festivals das Bochumer Kunstmuseum „erobert“. Hier gastierte der Klavierpoet Vadim Neselovskyi, der in Dortmund geboren wurde und heute in New York heimisch ist. Das Abschlusskonzert ließ noch einmal das Herz aufgehen: Die amerikanische Soul- und Jazzdiva Soleil Niklasson, die in Köln lebt, nahm sich mit einem dynamisch swingenden Quartett ihrer großen Aufgabe an.