The Dorf & Umland

Dortmund, Wuppertal, Duisburg

© André Symann

Von Jean Stand. Das Festival The Dorf & Umland funktioniert ganz so, wie es die Großformation The Dorf vorlebt – als „soziale Skulptur“. Die Aktivitäten sind äußerst vielfältig: das Label Umland Records, die Duisburger Dorf-&-Umland-Reihe, Sonderveranstaltungen im Dortmunder Domicil, Instagram- und Videokanäle, der Echtzeit-Umland-Kalender für aktuelle Musik im Ruhrgebiet (www.umlandkalender.de), Sommersonnenwend-Konzert auf einer Essener Halde. Dorf & Umland ist Ruhrgebiets- respektive NRW-Kind. Aus all dem entwickelte sich vor einigen Jahren die Idee zu einem regelmäßigen Festival, um noch einmal alles zu bündeln.

Die dreitägige Zusammenkunft in Dortmund, Wuppertal und Duisburg 2019 war untertitelt mit „Utopian Beats, Kraut & Noise“. Sicher lässt sich der Sound, den man dort geboten bekam, aus diesen Kategorien ableiten, dennoch reicht das Spektrum auch weiter hinein in analoge Impro-Gefilde. Gesetzt ist, dass The Dorf stets alles zusammenhält und jeden Abend einmal in voller Besetzung antritt. Im Biotop der Großbesetzung gedeihen jeweils kleinere und größere Ableger, deren kreativer Output die verschiedenen Aspekte und Richtungen weiterentwickelt. Solche Ableger sind z.B. das Trio MTW, das groovebetonte Projekt des Dorf-Gitarristen Andreas Wahl, sowie HILDE, ein Quartett von vier Frauen mit Posaune, Geige, Cello, Gesang – originell, klassisch, voller Experimente und überbordender Improvisation (Tipp: Am 17.1. ist HILDE in Münsters Black Box zu erleben).

Weder herkömmlicher DJ noch Scratcher, sondern Schallplatten-Künstler ist Claus van Bebber, der mit mehreren altertümlichen Plattenspielern und analogen Manipulationen live ein krasses Klangbild liefert, das sich in den Sound von The Dorf hervorragend integrierte. So geschehen im domicil am Freitag. Am Wuppertaler Abend im Live Club Barmen hörte man neben analogen Sounds und digitalen Schleifen, mit denen Conni Trieder (fl) und Kai Niggemann (electr) ihren elektroakustischen „Dritten Raum“ kreierten, die trommelverstärkte Tieftöner-Kapelle Brutzel und Brat.

Fest steht, dass The Dorf & Umland insgesamt mehr Publikum verdient, als sich in Dortmund und Wuppertal eingefunden hatte. Rappelvoll wurde es allerdings zum Abschluss in Duisburg. Das Café Steinbruch ist eine ehemalige Malocher-Kneipe mit Saal, in der die räumliche Trennung in mehrere Spielorte unmöglich ist, so kam es zu eindrucksvollen Simultan-Beschallungserlebnissen. Neben Rotkehle, einer größeren Dorf-Splittergruppe mit ihrem „Zukunftslabor“, gab es auch Raum für leisere Töne: Das Trio Holobiont trat in der Besetzung Sax, Piano und Bass an und setzte das, was sonst im Dorf passiert, im kammermusikalischen Rahmen um. Neben freier Improvisation hörte man hier auch Tonales, Gestrichenes und Fließendes.

Am 1. Februar bekommt The Dorf & Umland den WDR-Jazzpreis 2020, Kategorie Ehrenpreis, überreicht. Am Tag zuvor gibt es ein Preview-Konzertdas The-Dorf-Konzert Nummer 220. Das Preisgeld wird, so Dorf-Leader Jan Klare, allerdings schnell im Schlund der Großformation verschwunden sein, dennoch ist man dankbar für die Würdigung und die Gelegenheit, wieder einmal außerhalb der Dorf-Grenzen aufzutreten.