Júlio Resende

Fado Jazz

ACT / Edel:Kultur

5 5 Sterne

Er ist ein Pionier auf seinem Gebiet, der portugiesische Pianist Júlio Resende. In seiner Musik schafft er ein neues Genre, den Fado Jazz, worin er die Merkmale des traditionellen portugiesischen Fado, der melancholischen Musik, in ein jazziges Gewand steckt. Die Genregrenzen lösen sich hierbei auf, so dass sogar Resende selbst keine Aussage mehr darüber macht, ob er denn nun Jazz oder Fado mache. Da er das, was er tut, auf höchstem Niveau macht, war es vermutlich nur eine Frage der Zeit bis zu seiner Entdeckung durch ACT-Chef Siggi Loch, interessiert sich das Label doch immer auch für grenzüberschreitende Musik. Nun ist Resendes Debüt bei ACT erschienen, das für die Ohren etwas erfrischend Neues bietet. Das beginnt beispielsweise bei dem Einsatz der Guitarra Portuguesa (Bruno Chaveiro), die ähnlich einer Laute klingt und typisch für den Fado ist. Ein weiteres Element, das sich durch die Musik Resendes zieht, sind die starken Melodien ebenso wie auch raffinierte, gerne mal ungerade Rhythmen, so beispielsweise in dem pfiffigen „Fado Das 7 Cotovias“ oder auch „Fado Maior Improvisado“. In „Este Piano Nao Te Esquece“ oder auch „Fado Blues“ erklingen wiederum Sehnsucht und Melancholie, wie man sie als typisch für den Fado kennt. Nur einmal, ganz zum Schluss, greift Resende auf eine Gesangsstimme zurück. Ansonsten gelingt es ihm gemeinsam mit Chaveiro, André Rosinha (b) und Alexandre Frazao (dr), die starken Melodien auch so rüberzubringen. Eine schlicht geniale Verbindung zweier musikalischer Welten!

Verena Düren

Olivia Trummer

For You

Warner

4,5 Sterne

Mit ihrer neunten Produktion präsentiert die 1985 in Stuttgart geborene Pianistin, Sängerin und Komponistin Olivia Trummer eine sehr ausbalancierte Einspielung. Ausgewogen, was die Arrangements betrifft als auch die musikalische Umsetzung, Instrumentierung und letztlich die dramaturgische Abfolge der Titel. Prominente Unterstützung kommt auf einigen Titeln neben dem vorzüglichen Trompeter Fabrizio Bosso von Gitarrist Kurt Rosenwinkel. Auf dem Cover sieht man eine freundlich dreinblickende Musikerin und einen Cartoon, welcher ein Glas mit darin schwimmendem Fisch zeigt, das sich auf der Höhe einer Welle, die sich dem Überschlag nähert, befindet. Darunter der schlichte Titel For You. In einem letztjährigen SWR-Interview sagt Olivia Trummer, dass sie ihr ideales musikalisches Selbstempfinden als ein „auf einer Welle hinfortgetragen werden“ empfindet. Eben diesen Flow lassen die elf Titel problemlos nachempfinden, ob schnell, langsam, balladesk-getragen oder dramatisch und temporeich-energetisch wie in „New Start“. Nichts klingt bemüht. Die Struktur der Songs, Trummers glasklarer, intonationssicherer, wenn auch etwas zart-mädchenhafter Gesang und die vielen Nuancen und harmonischen Wendungen lassen die Musik verblüffend frisch klingen. Scatten und Unisono-Passagen zwischen Stimme und Instrumenten geben der Musik zusätzlichen Drive. Subtile und facettenreiche Abbildung der Welt des Songs im zeitgenössisch-jazzigen Gewand, mal aus dem Blickwinkel der Tin Pan Alley, mal aus Richtung Singer/Songwriter, Latin/R&B oder mit klassischen Anklängen verwoben und weitergesponnen zum Trummer-Sound.

Andreas Ebert

Andreas Hertel Trio

Blue Bop

Laika / Rough Trade

4 Sterne

Ein Album namens Blue Bop – und dann kein einziges Stück von Parker, Monk oder Gillespie? Kein Problem, denn bei Andreas Hertel, dem Wiesbadener Theatermusiker, Jazzpädagogen und Klaviervirtuosen, pulst der Bop durch jeden Finger. Zusammen mit Johannes Schaedlich (b) und Jens Biehl (dr) meistert der Bop-Stilist ein kompaktes Pianotrio-Programm aus elf überzeugenden Originals. Stücke wie „Blue Bop“, „The Joy of Fun“, „Rest Is Klar“, „Nice to Meet You“ und „Kick Off“ beackern gekonnt das Gelände zwischen nervösem Be- und funky Hardbop – mitreißend swingend und packend arrangiert. Den großen Ahnen wie Hampton Hawes, Red Garland oder Elmo Hope machen Hertels Kompositionen und sein perlendes Spiel jedenfalls keine Schande. Zur Abwechslung gibt es außerdem noch eine Handvoll schöner Latin-Nummern und Balladen. Blue Bop ist das bereits zehnte Album des 58-Jährigen. Sein erfolgreichstes war 2015 Keepin’ the Spirit – und das könnte auch diesmal das Motto sein.

Hans-Jürgen Schaal