Trans4JAZZ

Jose James © Hans Bürkle

Ravensburg & Weingarten

Von Christoph Giese. Dass ausgerechnet Dee Dee Bridgewater die Plakate und den Programmflyer des Trans4JAZZ-Festivals schmückte, war ein wenig unglücklich, denn die Amerikanerin, die das längst ausverkaufte Auftaktkonzert bestreiten sollte, sagte kurzerhand wegen Corona ihre Europatour ab. So saß das Ravensburger Publikum erst einen Tag später als geplant erstmals im wunderschönen und ausverkauften Konzerthaus, um einer europäischen Supergroup zu lauschen: Rymden – die Band der beiden Schweden Magnus Öström (dr) und Dan Berglund (b) mit dem norwegischen Tastenmann und Soundtüftler Bugge Wesseltoft. Seit ein paar Jahren spielt man im Trio zusammen, und der gemeinsame Sound entwickelt sich immer mehr. Er bietet nach wie vor viel Raum für Individualität, aber wirkt auch herrlich dicht zusammen, wenn die drei Skandinavier sich zwischen melancholischen, poetischen, melodieverliebten Momenten und elektronischen Statements und mächtigen Beats und Rhythmen die Bälle zuwerfen.

Franziska Ameli Schuster © Hans Bürkle

José James ist auch so ein Chamäleon, das seine musikalischen Farben während eines Konzertes zu variieren weiß. Er singt ein süßliches, balladeskes Duett mit Gastsängerin Taali, und man denkt: „Ganz okay, aber auch nicht wirklich mehr.“ Doch dann zeigt der Amerikaner, was er wirklich gut kann. Lieder aus dem Repertoire von Bill Withers singen etwa. Als Songwriter hat er es auch drauf („Trouble“). Aber der stärkste Moment des Konzerts ist eine Langversion des Lieds „Park Bench People“, das auf Freddie Hubbards Klassiker „Red Clay“ basiert. Da gibt die Band um den fantastischen Drummer Richard Spaven noch einmal mächtig Gas und James scattet und rappt zu den treibenden Beats, dass man vor Verzückung lächelt.

Rymden © Hans Bürkle

Entspannter musiziert da bei der Sonntagsmatinee das Duo des Ungarn Ferenc Snétberger (g) und des Dänen Jesper Bodilsen (b). Eigentlich hatte Anders Jormin den Bass bedienen sollen, aber der fiel familiär bedingt kurzfristig aus. So kam es in der Linse in Weingarten zur Premiere zweier Musiker, die mit luftigen Melodien und wunderschönen Zwiegesprächen feinsten virtuosen Jazz zelebrierten. Den stürmischsten Applaus holte sich in diesem Jahr das Herbert Pixner Projekt ab, das für den Schlussakkord des Festivals sorgte. Und wie. Mit seiner vielschichtigen Instrumentalmusik aus den Alpen, die mal zum Blues, mal zu Flamenco, Rock oder Gypsy schielt und dabei immer wieder volkstümlich klingt, packen der Südtiroler Akkordeonist und Multiinstrumentalist und seine Band das Publikum immer wieder.

Und wann hat man Simon & Garfunkels „The Sound of Silence“ derart spannend bearbeitet gehört wie in der Version von Ameli in the Woods, der Band um die in Berlin lebende Stuttgarter Sängerin und Keyboarderin Franziska Ameli Schuster, Landesjazzpreisträgerin 2020 von Baden-Württemberg? Abgesehen von diesem Coversong gab es beim Konzert in der Zehntscheuer mit ihrem Quartett nur eigenes Material zu hören. Songs, die sich der Kategorisierung geschickt entziehen und dabei eine poppige Attitüde und elektronische Bearbeitungen mit erfrischendem modernen Jazz paaren, geprägt von der charismatischen Ausstrahlung von Franziska Ameli Schuster, auch wenn ihre drei Mitstreiter ebenfalls mehr als zu gefallen wissen. Das junge Quartett, das im kommenden Jahr sein Debütalbum herausbringt, sollte man sich merken: eine echte Entdeckung.