45. Jazztage

Leipzig

Emile Parisien © Arne Remer

Von Arne Reimer. Nachdem die Leipziger Jazztage für ihr musikalisches Programm mit dem Deutschen Jazzpreis als bestes Festival 2020 ausgezeichnet worden waren, lag die Erwartungshaltung im Folgejahr entsprechend hoch. Wie gewohnt wurde das Festival mit dem Leipziger Jazznachwuchspreis eröffnet, der dem jungen Schlagzeuger Philippos Thönes verliehen wurde. Mit rasender Energie spielten er und sein Quintett das Preisträgerkonzert. Juryvorsitzender Bert Noglik, der seine Funktion nun nach 25 Jahren an Eva Klesse weitergibt, äußerte den Wunsch für die Zukunft, dass sich unbedingt mehr Frauen bewerben mögen.

Nach wie vor stellten die coronabedingten Vorschriften eine organisatorische Herausforderung für die Veranstalter dar, die im Zeichen der Pandemie das Thema Body Time für das Festival festgelegt hatten. In Zeiten der Isolation sollte Körperlichkeit auch musikalisch erfahrbar gemacht werden. Einem Teil der Konzerte ging eine Ausschreibung voraus. In der Auswahl, die aus den zahlreichen Bewerbungen getroffen wurde, dominierten eindeutig die experimentellen Projekte junger Musiker. Das Festivalthema kam hier vor allem durch redundante monotone Beats zum Ausdruck, und die elektronische Schwerpunktsetzung mag beim einen oder anderen Zuhörer eine Sehnsucht nach Melodien hervorgerufen haben, die einfach fehlten.

Sainkho Namtchylak & Grzegorz Tarwid © Arne Reimer

Einen wunderbaren Gegenpol dazu stellte die Stimmkunst der Sängerin Sainkho Namtchylak aus Tuwa in Sibirien dar, die schon lange mit europäischen Musikern arbeitet. Diesmal trat sie mit der Gruppe des polnischen Gitarristen Kuba Wójcik auf. Die 64-jährige Namtchylak schaffte es, den gebannten Zuhörern nur mit angedeuteten Sprachfragmenten eine melodiöse Geschichte zu erzählen.

Auch das Bauhausprojekt von Michael Wollny stach deutlich aus der elektronischen Masse hervor. Die Gruppe versuchte, auf intelligente Weise „nicht so zu klingen, wie Bauhaus damals klang, sondern wie es heute klingen würde“, so Wollny. Während der Performance erlangten die Effekte von Leafcutter John sowohl optisch als auch akustisch die Aufmerksamkeit des Publikums, wenn er sich etwa auf die unterschiedlichen Werkstätten und Materialien des Bauhauses bezog, Weingläser aneinanderrieb – und schließlich zerschlug. Ganz ohne Effekte kam hingegen die Gruppe des dänischen Gitarristen Jakob Bro aus, die erstmalig mit Bassist Larry Grenadier auftrat. Er verlieh dem Trio noch einmal eine andere Note. Ruhige traumwandlerische Melodien erinnerten dabei fast an Minimal Music. Weniger kann wie so oft mehr sein.