Triennale
Monheim
Von Peter Margasak. Nachdem sie aufgrund der Pandemie um zwei Jahre verschoben worden war, fand nun die Eröffnungsausgabe der Monheim Triennale schließlich statt. Die Verschiebungen hatten sich unerwartet positiv auf das Projekt ausgewirkt und unterstützten dessen Weg nach vorne. Die Triennale ist die Idee von Reiner Michalke, dem ehemaligen Künstlerischen Leiter des Moers-Festivals und des Kölner Stadtgarten, der eine Handvoll innovativer Festivalgestalter engagiert hatte, um 16 innovative, genre-unabhängige Musiker*innen einzuladen, vereint durch ihr gemeinsames Interesse an Improvisation.
Ursprünglich für Juni 2020 geplant, gab es ein Jahr später eine Kurzversion des Festivals, das „Prequel“, bei dem die meisten der Eingeladenen noch ohne ihre für die Vollversion geplanten Mitarbeiter*innen bei der Verwirklichung ihrer „Signature“-Projekte erschienen waren. Das Prequel war relativ intim und zwangsläufig auf spontane Interaktion angewiesen. Als nun 2022 alles zusammenkam, waren die Musiker*innen keine Fremden mehr und alles war von einem Gemeinschaftsgefühl geprägt, einer so warmen und der Kreativität förderlichen Umgebung, dass Michalke die provisorische Ausgabe des letzten Jahres in ein integriertes zukunftsweisendes Ereignis verwandeln konnte.
Die familiäre Atmosphäre kam vor allem den mehr improvisatorischen Low-key-Sessions zugute, die zwischen den „Signature“-Events stattfanden, die meisten davon auf einem Touristenschiff am Rheinanleger (während der permanente Veranstaltungsort an Land für sein Debüt im Jahr 2025 noch in Bau ist). Kurze Sets des norwegischen Gitarristen Stian Westerhus, der irischen Komponistin und Performerin Jennifer Walshe und des Gast-Elektronik-Improvisators Thomas Lehn waren so fesselnd wie alles, was auf der Hauptbühne passierte, mit elektronisch manipulierten Stimmen und spasmodischen Synthesizer-Gebärden, die kollidierten, explodierten und sich in einer Drei-Wege-Symphonie der Interaktion herunterkühlten.
Dennoch waren die unauslöschlichsten Momente oft jene Aufführungen, die am sorgfältigsten geplant waren. Der Kölner Komponist und Elektronik-Maestro Marcus Schmickler eröffnete die Triennale mit einem bemerkenswerten Open-Air-Konzert, bei dem ein Kaleidoskop räumlicher Klänge die Zuhörer aus allen Richtungen umschmeichelte. Walshe, die norwegische Sängerin Stine Janvin und ein lokaler Amateur-Chor performten von einem im Fluss treibenden Boot aus, zwei Blechbläsergruppen entfesselten Klänge vom Balkon eines Wohnblocks, während eine andere von einem Hoteldach erklang. Dazu eine Truppe von Akkordeonisten, ein Solo-Schlagzeuger, ein umherschlendernder Musiker, Muschelschalen blasend, ein paar Opernsänger und eine beeindruckende Auswahl an Elektronik, kombiniert zu einem der überzeugendsten Beispiele öffentlicher Kunst, die ich je erlebt habe.
Obwohl kaum etwas mit solch einem reichhaltigen Spektakel mithalten konnte, gab es viele denkwürdige Darbietungen. Der Kölner Bassist Robert Landfermann führte ein agiles Nonett durch seine Suite Rhenus, eine reich strukturierte, vielstimmige Post-Bop-Hommage an den Rhein. Die Saxofonistin Ingrid Laubrock verschmolz mit dem eos Chamber Orchestra und anregenden Improvisationen von Cory Smythe (p), Tom Rainey (dr), Sam Pluta (electr) gekonnt neue Orchestrierungen. Die schwedische Sängerin Sofia Jernberg spielte mit dem Hamburger Ensemble Resonanz Lieder aus Äthiopien, Schweden, Norwegen und Korea in radikalen Arrangements, erschaffen von Okkyung Lee (cello), Peter Evans (tp) und Smythe am Piano. Nie war ich mehr davon überzeugt, dass Improvisation und Klang die Welt zusammenbringen können, wenn auch nur für ein paar Tage.
Aus dem Englischen von Jan Kobrzinowski