3 Tage Jazz – Saalfelden

Von Reinhold Unger.

„Wer von euch war heute Ski fahren?“, fragt Johannes Dickbauer ins Auditorium. Erstaunlich viele Hände im Saalfeldener Kunsthaus Nexus gehen nach oben. „Dann seid ihr jetzt also beim Kultur-Après-Ski.“ Vielleicht verdeutlicht die kleine Anekdote den Unterschied zwischen Saalfelden im Sommer und zum Jahresbeginn: Während das große, praktisch immer ausverkaufte Festival seit fast 40 Jahren ein fachkundiges Stammpublikum zwischen München und Wien anlockt, ist der kleine Januar-Ableger eher ein regionales Phänomen. Wer hier wohnt oder zu Gast ist, fühlt sich nach der körperlichen Ertüchtigung abends fit für die künstlerische Herausforderung.

Crossroad
© Johannes-Radlwimmer

Johannes Dickbauer, als Geiger unter anderem bekannt vom radio.string.quartet, betreibt mit seinem Bruder Stefan am Tenor- und Onkel Klaus am Altsax ein florierendes siebenköpfiges Familienunternehmen, das Dickbauer Collective. In dem glänzen solistisch neben der namensgebenden Verwandtschaft Trompeter Mario Rom und Cellistin Asja Valcic. Doch der „Star“ sind die Kompositionen des Dickbauer-Triumvirats: Jede ein bis in feinste klangliche Nuancen durchdachtes kleines Kunstwerk im Dienst eines komplexen und immer wieder wendungsreichen Gruppensounds.

Das Helge Lien Trio (überraschend mit Mats Eilertsen am Bass) erdete das slawische Temperament von Geiger Adam Bałdych mit nordischer Coolness. Edi Nulz hatten mit ihrem schräg angerockten Trio-Jazz in der nicht alltäglichen Besetzung Bassklarinette/Gitarre/Schlagzeug bereits vor zwei Jahren beim großen Festival überzeugt. Neben dieser Reprise hatte 3 Tage Jazz auch eine Quasi-Weltpremiere zu bieten. Der baskische Multiinstrumentalist Michel Portal hatte ein europäisches All-Star-Quintett um sich geschart. Während der serbische Pianist Bojan Z und der französische Bassist Bruno Chevillon alte Weggefährten sind, stand Portal mit dem deutschen Posaunisten Nils Wogram und dem belgischen Schlagzeug-Wunderkind Lander Gyselinck erst zum zweiten Mal auf der Bühne. Portal hat auch mit 82 nichts von seiner Vitalität eingebüßt. Zu sehen, wie sich seine völlige Hingabe an die Musik und ein geradezu kindliches Glücksgefühl, wenn eine vertrackte Ensemblepassage sauber gelingt oder ein Mitspieler die Band solistisch zu neuen Höhen führt, in Portals Mimik und Gestik spiegeln, war schon das Konzert wert.

Die musikalische Bilanz war also hervorragend, der Publikumszuspruch im dritten Jahr weiter steigend. Aber da sind ja noch die veränderten politischen Rahmenbedingungen. Die Zusage der Fördermittel für die nächsten zwei Jahre durch die neue schwarz-blaue Bundesregierung steht noch aus. Intendant Mario Steidl verhehlt nicht, dass man sich Sorgen mache, sollte es nach den Landtagswahlen im April auch im Land Salzburg zu einer ideologischen Neuausrichtung der Kulturförderung kommen. Nicht auszuschließen, dass man sich in Zeiten knapper werdender Budgets in Saalfelden Gedanken machen müsste, ob man die zur Verfügung stehenden Mittel nicht wieder auf ein großes Festival im Jahr konzentriert.