Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia

© Christian Rose

Akustischer Speed Metal

Friday Night in San Francisco von Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige Gitarrenklassiker, auf den sich Jazz-, Rock- und Flamenco-Fans einigen können. 42 Jahre nach dem Original wird nun unter dem Titel Saturday Night in San Francisco ein zweiter Teil nachgelegt. Darauf werden ausschließlich Tracks nachgereicht, die auf dem Freitagsalbum nicht enthalten sind. Mit den beiden Platten kann man somit ein fast vollständiges Konzert rekonstruieren.

Von Wolf Kampmann

Verantwortlich für das Nachfolgealbum ist Al Di Meola, der sämtliche Konzerte der damaligen Tour archiviert hat. Allerdings stellt sich die Frage, warum man nicht das komplette Konzert veröffentlicht hat. „Gegenwärtig wird über ein Box-Set nachgedacht“, räumt Di Meola ein. „Das soll die beiden kompletten Abende umfassen wie auch die beiden Studioalben, die wir im Trio aufgenommen haben. Ich würde gern die gesamte Musik, die in dieser Formation entstanden ist, in einer gemeinsamen Edition präsentieren.“

Wer das Friday-Album mochte, hat keinen Grund, dem Saturday-Nachfolger nicht dieselbe Begeisterung entgegenzubringen. Die Parameter waren exakt dieselben. Erstaunlich ist allerdings, dass sowohl McLaughlin als auch Di Meola in jüngerer Zeit immer wieder betont haben, dass sie nicht zurück-, sondern nur nach vorn schauen. Di Meola macht technische Gründe für den Sinneswandel verantwortlich. „Die Tapes werden ja mit der Zeit nicht besser, also mussten wir uns früher oder später an dieses Projekt herantasten. Anfang 2020, als diese ganze Covid-Geschichte begann, rief ich John an, um zu fragen, wie es ihm geht. Dabei erwähnte ich auch diese Tapes. Ich erzählte ihm, dass der Sound so gut sei wie auf dem Friday-Album und ich mein eigenes Geld investiere, um sie professionell zu restaurieren. Er war sehr überrascht. Ich schickte ihm ein paar Tracks, er fiel fast um und gab mir grünes Licht. Da John wegen der Pandemie nicht reisen konnte, übernahm ich die komplette Bearbeitung der Aufnahmen.“

Daran, wie das Trio damals zusammenkam, haben Di Meola und McLaughlin ganz unterschiedliche Erinnerungen. Für Di Meola beginnt es mit seinem Superseller Elegant Gypsy, zu dem er Paco De Lucia einlud. „Paco war damals zwar schon ein Star in Spanien, aber völlig unbekannt in Nordamerika. Er sprach kein Wort Englisch. Wir gingen in die Electric Lady Studios, und er lehnte sich sehr weit aus seiner Komfortzone heraus. Nicht, dass die Musik sich von seiner eigenen so sehr unterschieden hätte, es war jedoch einfach nicht seine gewohnte Umgebung. Aber er war es leid, immer dasselbe zu spielen, und hatte den Mut, etwas Neues auszuprobieren. Genau das wollte ich von ihm. Wir nahmen etwa fünf Takes auf, aber es wollte nicht funktionieren. Dann kam sein spanischer Begleiter ganz dicht an mich heran und flüsterte mir ins Ohr, Paco könne nicht spielen, solange er kein Pot hat. Ich selbst rauchte nicht, aber im Nachbarstudio war ein Freund von mir, der ständig high war. Als Paco endlich versorgt war, brauchten wir einen Take – und hatten es. Das war der Track ,Mediterranean Sundance‘, der eine riesige Hitsingle wurde. Von da an hatte ich im Kopf, irgendwann zusammen auf Tour zu gehen.“

Ein Impresario habe damals den Vorschlag gemacht, als Trio mit Di Meola, De Lucia und dem Folk-Gitarristen Leo Kottke auf Tour zu gehen. Als dann die Idee aufkam, Kottke durch McLaughlin zu ersetzen, war Di Meola begeistert. John McLaughlin erzählt freilich eine ganz andere Geschichte. Immerhin gab es schon ein Vorgänger-Trio mit McLaughlin, De Lucia und McLaughlins langjährigem Freund Larry Coryell, das lediglich auf der DVD Meeting of the Spirits festgehalten ist. „Diese Musik war viel romantischer als das spätere Trio“, erinnert sich McLaughlin. „Die Stimmung war weniger kompetitiv. Aber Larry hatte eine Menge Probleme und war in keiner guten Form. Deshalb konnten wir mit dieser Ausgabe des Trios nicht weiterarbeiten.“

Über den Wettbewerbscharakter der Konzerte ist damals viel erzählt worden, und Di Meola und McLaughlin streuten seinerzeit viel Salz in die Suppe. Aus dem Abstand von 40 Jahren hört sich das bei Al Di Meola ganz anders an. „Das war ein gesunder Wettbewerb, keine Konkurrenz. Wir versuchten, uns gegenseitig zu beeindrucken, sahen einander in die Augen und lachten viel. Wir hörten einander zu. Meine Güte, was der andere da gerade gespielt hat, ist so unglaublich, dass ich jetzt auch was Entsprechendes bringen muss. Keiner von uns befand sich mehr in seiner Komfortzone. Das Ergebnis war eine sehr erfreuliche Erfahrung. Für das Publikum war es unvergesslich. Den Hörern der Platte ging es genauso. Und das neue Album bringt jetzt all die Erinnerungen zurück.“

Auch McLaughlins Erinnerungen sind heute eher versöhnlich. Aber aus einer erfolgreichen Tour ein Album zu machen, erforderte 1980 noch mal einen zusätzlichen Energieschub. „Als wir drei zu spielen anfingen, breitete sich unter uns ein unglaublicher Enthusiasmus aus. Den teilten aber leider nicht alle. Damals war ich bei CBS unter Vertrag. Ich rief dort an und sagte: ,Dieses Trio ist sehr speziell.‘ Sie entgegneten: ,Bist du irre? Die Leute wollen elektrische Gitarren hören.‘ Ich meinte: ,Da liegt etwas in der Luft, das uns die akustische Gitarre zurückbringt.‘ Aber sie lachten mich nur aus. Am Ende ließen sie sich doch überreden, wollten das Album aber nur in den USA rausbringen. Und dann wurde es zum Millionseller.“

Aktuelles Album:

Al Di Meola, John McLaughlin, Paco de Lucia: Saturday Night in San Francisco (earMUSIC / Edel:Kultur)