Alma Naidu

Es hat gefunkt

© Lena Semmelroggen

Es ist gerade einmal gut zwei Jahre her, dass einer der weltbesten Jazzschlagzeuger, Wolfgang Haffner, die junge Sängerin Alma Naidu entdeckte. Jetzt legt sie mit Alma ihr erstes Album vor.

Von Verena Düren

© Lena Semmelroggen

Es hätte auch etwas ganz anderes aus ihr werden können: Kommunikationswissenschaftlerin, Komponistin oder Musicalstar. Tatsächlich hat sie all dies sogar auch gemacht – die Rede ist von Alma Naidu, die nicht nur in ihrer Musik und mit ihrer Stimme ausgesprochen vielfältig ist. Mit gerade mal 26 Jahren ist sie eine vielversprechende Stimme in der deutschen Jazzszene, und das, obwohl ihr Werdegang gar nicht so geradlinig ist. Hineingeboren wurde sie in ein rein klassisches Elternhaus in München: Ihre Mutter ist Opernsängerin, der Vater Dirigent. „Ich habe immer schon am Klavier improvisiert und gesungen und gerne auf der Bühne gestanden“, erzählt sie. „Aber vom Jazz war ich zunächst noch recht weit entfernt.“

Wenn sie ein wenig aus ihrem Leben erzählt, fällt einem der Begriff Naturtalent ein, denn neben anderen Interessen scheint die Musik – wie ganz selbstverständlich – immer in ihrem Leben gewesen zu sein: Mit fünf erhielt sie den ersten Klavierunterricht, hinzu kamen Geige, Gitarre, klassischer und Musical-Gesang. Mit 15 Jahren hat sie die ersten eigenen Songs geschrieben, aber auch das Schreiben für den Film oder ein ganzes Orchester ist kein Problem. „Ich habe schon früh mit dem Komponieren begonnen und liebe das auch, weil ich ein wenig ein Theorie-Nerd bin. Aber irgendwann hat es mir gefehlt, selbst Musik zu machen. Da erschien mir ein Jazzgesangsstudium wie eine gute und sinnvolle Kombination, war aber auch ein Sprung ins kalte Wasser.“

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2016 begann sie nach einem Abstecher in die Kommunikationswissenschaft und Erfolgen auf der Musicalbühne ihr Jazzgesangsstudium in München. Von dort aus ging sie nach London, an die Royal Academy of Music, wo sie bei Norma Winstone studierte. „Ich habe im Studium meine ersten Erfahrungen mit dem Jazz gesammelt und schnell gemerkt, wie sehr ich es schätze, dass man dort beim Komponieren unheimlich große Freiräume hat“, so Naidu.

Zwei Jahre nach Studienbeginn stand sie zum ersten Mal mit eigener Band und eigenen Texten auf der Bühne, 2019 kam es beim Festival in Burghausen zur fast schicksalhaften Begegnung mit Wolfgang Haffner, der sie ohne langes Zögern zu einem gemeinsamen Konzert nach Schloss Elmau einlud und sie auch als Gast für seine Platte Kind of Tango ins Studio holte. „Ich glaube, dass das Zusammentreffen in Burghausen damals kein Zufall war. Diese Tage dort waren wirklich wie ein totaler Trip und natürlich eine riesige Ehre für mich“, erinnert sich Naidu heute. „Ich habe direkt zu Beginn schon gemerkt, dass es musikalisch gefunkt hat. Mich hat diese Begegnung in den letzten beiden Jahren wahnsinnig weitergebildet und weitergebracht. Für ihn steht die Musik immer an erster Stelle, und er sieht sich im Dienst der Musik. Jeden Ton, den er spielt, spielt er mit Überzeugung. Aber es ist nicht nur das Musizieren auf höchstem Niveau, sondern Wolfgang ist auch für die Atmosphäre innerhalb der Band ausgesprochen wichtig, er kümmert sich sehr viel. Ich merke jetzt schon bei anderen Projekten, wie sehr er mich diesbezüglich geprägt hat und dass ich da inzwischen fast ein wenig verwöhnt bin.“

Ihrer Stimme, aber auch Wolfgang Haffner und seinen Verbindungen hat Naidu es zu verdanken, dass auf ihrem Debütalbum Alma neben Haffner auch Namen wie Christopher Dell, Lars Danielsson, Nils Landgren, Dominic Miller und Simon Oslender auftauchen. Als Produzent war Haffner auch in die Konzeption des Albums eingebunden. Von den zwölf Tracks stammen die meisten aus der Feder von Naidu, mit „Wondering“ ist aber auch ein gemeinsamer Song von ihr und Haffner zu hören. „Die Songs gab es größtenteils schon länger, so entstand ,Just a Word‘ beispielsweise noch kurz vor meinem Studium. Im Laufe der Zeit wuchs dann immer mehr der Gedanke, dass das ein Track ist, bei dem auf der Aufnahme Nils Landgren dabei sein muss.“ Auch „Silence Plays Your Song“, bei dem Christopher Dell als Gast dabei ist, entstand in enger Zusammenarbeit mit ihm. Naidu knüpft aber auch an den ersten gemeinsamen Gig mit Haffner in Elmau an: Schon 2019 stand der Klassiker „And So It Goes“ von Billy Joel auf dem Programm, der für sie eine schöne Kindheitserinnerung ist. Die Vielfalt ihrer Stimme kann sie in dem solistischen „Interlude“ ausleben – auch das ein Ergebnis des Elmau-Gigs. „Ich habe eine Improvisation in dieser Art damals zum ersten Mal gemacht, und auch für mich war es total meditativ. Seitdem versuche ich, etwas in dieser Art in jedes Konzert einzubauen.“

© Lena Semmelroggen

Neben den Projekten in der Riege hochkarätiger Jazzer steht für Alma Naidu in der nächsten Zeit vor allem die eigene Musik auf dem Plan. Gemeinsam mit ihrer Band, zu der Simon Oslender (p, keyb), Valentin Renner (dr), Philipp Schiepek (g) und Thomas Stieger (b) gehören, will sie möglichst viel live unterwegs sein. Im neuen Programm werden auch Streicher zu hören sein – und Naidu am Klavier. „Ich will erst mal viel spielen und hoffe, dass auch alles wie geplant stattfinden kann. Auf dem Programm steht aber auf jeden Fall eigene Musik, denn ich schreibe quasi die ganze Zeit“, so Naidu. Dann wird das nächste Album mit ihren schönen Songs hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.

Aktuelles Album:

Alma Naidu: Alma (Leopard / Broken Silence)