Angrajazz

Orchestra Angrajazz © Rui Caria

Angra do Heroísmo

Von Christoph Giese. Der Stolz ist ihm anzumerken: José Ribeiro Pinto, der mit Miguel Cunha das Angrajazz-Festival leitet, blickt in seiner Eröffnungsrede auf zwei erfolgreiche Dekaden zurück. Ja, Angrajazz fand bereits zum 20. Mal statt. Und natürlich ist es immer noch viel Arbeit, den Jazz auf der Azoreninsel Terceira zu etablieren. Aber zum Festival kommen die Leute, das kreisrunde Kultur- und Kongresszentrum in der Hauptstadt Angra do Heroísmo, eine ehemalige Stierkampfarena, präsentiert sich an den vier Festivalabenden jeweils gut gefüllt. Und mit dem Projekt „Jazz na rua“ (Jazz auf der Straße), mit Gratis-Konzerten an mehreren Stellen der Hauptstadt, wird seit dem vergangenen Jahr zusätzlich bei Touristen und Einheimischen Interesse am Jazz und am Festival geweckt. Auch außerhalb der Festivalzeit bemühen sich Pinto und Cunha, Jazz auf ihrer Insel anzubieten.

Mit dem Orquestra Angrajazz haben sie zudem eine eigene hörenswerte Großformation, die bei jeder Festivalausgabe mitspielt. Ein buntes Programm aus eigenen Stücken und Kompositionen anderer portugiesischer Musiker servierte die von Claus Nymark und Pedro Moreira bestens geleitete Bigband dieses Mal. Gleich zum Festivalauftakt betrat mit dem Orquestra de Jazz do Hot Clube de Portugal eine weitere Bigband die Bühne. Mit im Gepäck hatte die Lissaboner Formation Musik des portugiesischen Komponisten António Pinho Vargas. Auch diese Musik fernab von üblichen Jazzstandards war fein anzuhören. Doch richtig aufregend wurde es in Sachen Bigband erst am letzten Abend. Da präsentierte Angrajazz mit Darcy James Argue‘s Secret Society die dritte Bigband. Und was für eine famose. Der namensgebende Kanadier zeigte, wie avanciert, ausgeklügelt, ungewöhnlich und dabei doch immer zugänglich Bigband-Jazz im 21. Jahrhundert klingen kann.

Aber auch kleinere Formationen verzückten auf Terceira. Mit ihren Klängen aus Kuba im Verbund mit Jazzimprovisationen packte das Gonzalo Rubalcaba Trio das Publikum sofort. Welche Virtuosität. Welches Zusammenspiel zwischen dem kubanischen Pianisten, Armando Gola (e-b) und Ludwig Afonso (dr). Welche Energie, die aber doch immer wunderbar kanalisiert wurde. Welche Raffinesse bei Rhythmus und Melodiegestaltung. Auch das Quartett von Billy Childs, mit Saxofonist Steve Wilson, brillierte mit Rasanz und Esprit. Und verwöhnte mit großem Gefühl in den Balladen. Der US-Pianist, der für längere Zeit auf der Jazzszene nicht so präsent schien, hat für sein aktuelles Album Rebirth den Grammy fürs beste instrumentale Jazzalbum gewonnen und zeigte beim Angrajazz in vielen Momenten auch, warum.

Darcy James Argue © Luis Godinho

Der Auftritt von Camila Meza dagegen war – nett. Eigentlich sollte die chilenische Sängerin und Gitarristin gar nicht auftreten. Geplant war eigentlich Jazzmeia Horn. Als die aus familiären Gründen kurzfristig absagte, sprang Meza ein, flog unmittelbar von ihrem Wohnort New York auf die Azoren und spielte mit Musikern von Jazzmeia Horn und dem Pianisten der Secret Society ein buntes Set. Als Gitarristin wusste Meza zu gefallen, als Jazzsängerin bedingt. Aber musikalische Ausflüge nach Brasilien oder in ihre Heimat Chile wärmten dann doch die Herzen der vielen Zuhörer zu schon ziemlich vorgerückter Stunde.