Argon Audio
Auch ohne Glöckchen gut
Es muss nicht immer das teuerste High-End-Produkt sein. Der dänische Hersteller Argon Audio liefert auch im Einsteigersegment gute Klangqualität.
Von Peter Steinfadt
Idealtypisch kann man zwei Typen von Hörer*innen unterscheiden: den analytischen und den emotionalen Typ. Weitere Spielarten wie den Unterhaltungshörer (liebt die Musikberieselung, bevorzugt im Automobil) oder den Bildungskonsumenten (meist mit riesiger Klassikschallplattensammlung) lassen wir mal außer Acht. Der analytische Hörer also entdeckt und schätzt z.B. bei Live-Aufnahmen, dass auch in Reihe 12 noch das kleinste helle Glöckchen zu hören ist, und um dieses zu entdecken, benötigt er auch ein herausragendes Equipment zur Musikreproduktion – im Marketingsprech also HiFi-Bausteine in High-End-Qualität mit teils unglaublichen Preisschildern. Ohne dies bleibt das erwähnte Glöckchen ungehört. Isso. Der emotionale Hörer erfreut sich hingegen an der Musik, lässt sich von dieser gerne inspirieren und fesseln und pfeift auf die Klangqualität in Reihe 12 des Konzertsaals.
Sie vermuten richtig: Wir besprechen heute Produkte der Einsteigerklasse, also eine Jedermannsanlage. In diesem Marktsegment als Hersteller etwas Vernünftiges in die Ohren zu stellen, ist schwieriger, als ins Regal hochwertigster Elektronikbauteile zu greifen und mit entsprechendem Bohei das Ergebnis in schicker Chromverkleidung zu verkaufen. Der SA 1 aus dem dänischen Hause Argon Audio ist ein Class-D-Verstärker mit 2 x 40 W, mit Streamingmöglichkeiten mittels Bluetooth aptX HD und AAC sowie digitalen Eingängen, die hochwertiges Audio bis zu 24 Bit/192 kHz unterstützen. Die getrennten Stromversorgungen für analoge und digitale Signale sorgen für eine gewisse Reinheit im Signalweg. Analog angesteuert werden kann z.B. eine Hochpegelquelle (CD-Player) und sogar ein Plattenspieler durch einen integrierten Phonoentzerrer für MM-Systeme, der darüber hinaus auch sehr ordentlich klingt. Als kongeniale Spielpartner empfehlen sich die sehr preisgünstigen Alto 5 mk2 aus gleichem Hause. Hinter den magnetisch befestigten Frontabdeckungen befindet sich ein konventionelles Zweiwegesystem mit rückseitigem Bassreflex. Mit 16,8 x 27,2 x 21,2 Zentimeter (B x H x T) ist die Box richtig schnuckelig und hat einen recht linearen Frequenzgang 55 – 20.000 Hz. Verstärker und Lautsprecher sind gut verarbeitet, besitzen einen modern-schlichten Look und haben saubere Spaltmaße. Augenfreundlich und unaufdringlich. Zwischenfazit: Kein Chichi, keine One-Trick-Ponys, keine Einhörner.
Wir wühlen mal tief in der Obskuritätenkiste und legen eine Platte der famosen Tenniscoats auf. Das Tokioter Ehepaar Saya und Takashi Ueno – zu dessen Freunden und Fans zählt u.a. Markus Acher (The Notwist u.a.) – präsentiert auf Music Exists Vol. 4 (Alien Transistor, 2018) bittersüßen und feinen Folk-Kammerpop. Die Musik der Tenniscoats ist anmutig skurril und dieses Album wie ein warmer Sommerregen. Den ruhigen, entspannten Sound mit Elektronikeinsprengseln und manch überraschenden Wendungen stellt die dänische Kombination glaubhaft in den Raum und vermag es, eine gewisse Tiefe zu suggerieren. Was auffällt: Der Bass reicht richtig tief hinab und bleibt recht sauber. Bei der Aufstellung der Lautsprecher sollte man jedoch tunlichst auf eine zu große Wandnähe verzichten, sonst wird der Bass aufgedickt. Die erstaunliche Basskontrolle ist dem SA-1-Verstärker zu verdanken und zeigt sich auch an anderen Lautsprechermodellen (auch an solchen der Über-2.000-Euro-Klasse). Kontrolle über alle Musiklagen ist jedenfalls gegeben, und auch wenn der Hochtonbereich weit von einer Mega-Auflösung entfernt ist, klingt alles wie aus einem Guss und niemals ermüdend. „Dänen lügen nicht“ ist ja die bekannte Verballhornung eines Schlagers von Michael Holm – hier trifft sie zu.
Warm und fließend ist auch die Musik von Chet Baker auf dem Album Peace (Enja Jazz Classics, 2021), einem Re-Release aus dem Jahr 1982. Das pointilistische Trompetenspiel des Meisters, umhüllt von David Friedmans Marimba- und Vibrafonmelodien, vermag langen Musiknächten auf heimischen Sofas (oder sonstwo) etwas Magisches zu verleihen. Viel Atmosphäre jedenfalls. Das günstige Verstärker-/Lautsprecherpaar klingt beeindruckend, aber nicht effekthascherisch und spielt weit über seine Preisklasse hinaus. Da auch die Bluetooth-Sektion hervorragend und problemlos funktioniert und Geräte unkompliziert miteinander vermählt werden können, bleibt nur ein Endfazit: Kaufempfehlung.
Der Verstärker SA 1, erhältlich in weiß oder schwarz, kostet 349 Euro, die Boxen Alto 5 mk 2 fast schon unverschämt günstige 158 Euro pro Paar. Für rund 500 Euro erhält man einen klasse Gegenwert. Da kann man dann auch gerne in Reihe 12 auf das Glöckchen verzichten. Sollen sich die in Reihe 8 daran erfreuen. Das Ersparte kann man lieber in mehr Tonträger investieren.
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