Bänz Oester
Intuition und Vertrauen
Das Leben und musikalische Karrieren sind in vielen Fällen von Zufällen bestimmt. So auch bei dem Schweizer Bassisten Bänz Oester, für den eine Einladung nach Südafrika vor zwölf Jahren zur Band Bänz Oester & The Rainmakers führte und bis heute nachwirkt.
Von Thomas Bugert
Wichtig für die Entstehung und Erhaltung der Band war und ist dabei ein Netzwerk mit zahlreichen Verknüpfungen zwischen der Schweiz und Südafrika: „Es gibt einige Verbindungen, und da sind ein paar Leute im Hintergrund, die das sehr unterstützen. 2011 wurde ich zu einem Festival nach Grahamstown eingeladen, das im Zuge der Entkolonialisierung mittlerweile Makhanda heißt. Dort gibt es schon ziemlich lange das National Arts Festival mit Tanz, Kino, Theater und Musik. Es gibt auch jedes Jahr ein Jazzfestival über zehn Tage, bei dem neben aktuellen südafrikanischen Musikern auch viele Gäste aus dem Ausland da sind und zu dem ich 2011 eingeladen wurde. Der Festivalleiter stellt die Besetzungen zusammen – man spielt nicht mit seinen eigenen Bands. Das mag ich sonst eigentlich nicht so sehr, aber das ist der Spirit des Festivals und der Leiter macht das ziemlich einfühlsam. Ich habe dort jeden Abend gejammt. Besonders mit dem Pianisten Afrika Mkhize und dem Schlagzeuger Ayanda Sikade. Als ich nach Hause gekommen bin, habe ich gesagt: Ich muss mit den beiden eine Band machen, das ist zu gut. Seither gibt es diese Band“, erinnert sich Bänz Oester an die Entstehung der Rainmakers.
Mittlerweile ist aus dem Projekt schon lange eine feste Band geworden, die sich mit dem neuen Album Gratitude bei ihrem Publikum und den Veranstaltern für die Unterstützung der vergangenen Jahre bedankt. Im Gegensatz zu vielen zeitgenössischen Jazzbands, die Musik oft in Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen oder einen technisch forschenden Ansatz verfolgen, steht bei den Rainmakers das spirituelle Erleben im Vordergrund. Oester geht mit diesem Begriff jedoch eher zurückhaltend um und ist in keiner Weise missionarisch unterwegs. Für ihn ist Spiritualität etwas sehr Intimes und Privates. Auf Nachfrage erzählt er dann doch: „Ich wundere mich immer über die Globalisierung der Spiritualität, die schon vor 400 Jahren angefangen hat. Die ganzen Institutionen, die sich das auf die Fahne geschrieben haben, haben da ja schon längst versagt und sind nur noch Machtgebilde. Eine Form eines spirituellen Wegs ist es, Musik zu spielen. Für uns alle ist die Musik Teil der individuellen und kollektiven spirituellen Suche. Eine Suche nach Bewusstsein jenseits des Egos. Diesem Typen, der da quasselt und immer alles besser weiß.“
Wenn es um Spiritualität im Jazz geht, ist John Coltranes Musik der 1960er Jahre bis heute ein wichtiger Einfluss. Auch für die Rainmakers, wie Oester erklärt: „In Südafrika sind Coltrane und sein Erbe viel präsenter als bei uns. Für mich ist nicht einmal der Musiker John Coltrane das große Idol, sondern vielmehr der Organismus John Coltrane Quartet, der mich am meisten berührt.“ Entsprechend findet sich auch in der Musik der Rainmakers der dionysische Rausch, der die Zuhörenden packt und mitreißt. Es ist aber auch Musik, die sich immer wieder wandelt und auch Ruhepunkte bietet. „Als Spieler und als Zuhörer schätze ich es wahnsinnig, wenn ein Abend kontrastreich verläuft. Der tollste Klang ist irgendwann einmal langweilig, wenn nicht auch das Gegenteil existiert. Das sind die Polaritäten, in denen wir leben. Licht sieht man nur, wenn es auch dunkel ist. Wenn ich das Programm gestalte, dann schaue ich schon, dass es eine Reise durch verschiedene Dichten und Farben ist.“
Auch wenn die Band offiziell Bänz Oester & The Rainmakers heißt, sieht sich Oester nicht als Bandleader. Ihm geht es vielmehr um eine Begegnung auf Augenhöhe. Über die Jahre entstand dabei eine große Freundschaft unter den Musikern, bei der auch ein Austausch über das Leben, die Musik, andere Künste und vieles mehr stattfindet. Auf der Grundlage dieser Vertrautheit und Freundschaft entsteht eine Musik, bei der der Moment wichtiger ist als ein Plan. „Wenn man spielt und die Musik will heute nicht links abbiegen, sondern rechts, dann geht man diesen Weg und es spielt keine Rolle, was man abgesprochen hat. Wenn wir auf der Bühne sind, dann hören wir einander zu und vertrauen alle unserem Instinkt, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen“, erklärt Oester.
Bei der Fokussierung auf den Augenblick verwundert es daher nicht, dass Gratitude ein Livealbum ist. „Wir können auch ins Studio gehen und die Musik aufnehmen. Die Musik hat aber immer zwei oder drei Zacken mehr, wenn es Live-Aufnahmen sind. Wenn die Energie des Publikums noch dazukommt, ist das noch mal eine andere Dimension. Das Publikum will einen guten Moment, eine positive Energie erleben und Leute kennenlernen. Wenn das Publikum ein gutes Gefühl mit nach Hause nimmt, ist die Mission erfüllt.“
Aktuelles Album:
Bänz Oester & The Rainmakers: Gratitude (enja / Edel:Kultur)