Rivertone

Straubing

Jan Kobrzinowski. „I only play zoos in Straubing”, sagte Curtis Stigers, der nicht zum ersten Mal auf der Rivertone-Bühne im Tiergarten zu Gast war. Der Mann braucht keine Feuerwerke abzubrennen, sondern verlässt sich mit Gefühl und Expertise auf stimmliches Charisma und seine Bereitschaft zu guten Songs aller Genres. Er hat den Blues, kann Gospel a cappella, besitzt Soul, Schmelz, jongliert mit fremdem – von Randy Newman bis Bob Dylan – wie eigenem Material und unter seinen Händen werden selbst abgenudelte Evergreens wie „Summertime“ und „My Funny Valentine“ zu Perlen.

In diesem Jahr stand bei Rivertone kein einziger „reiner“ Jazz-Gig an, aber Jazz kommt immer als Spielhaltung vor. Alle Frontleute besitzen das gewisse Etwas, sind tolle Performer mit hohem künstlerischem Anspruch. So gab es in jeder Formation mindestens einen hervorragenden Improvisator/Solisten, so in Minino Garays tango-orientierter Formation Lionel Suarez (acc) und Nico Morelli (p). Der Bandleader hinter dem Schlagzeug zeigte auf originelle Weise, dass es feine Unterschiede zwischen Spoken-Word-Kunst und Sprechgesang gibt. Bei Pink Martini (Dan Faehnle) und in Lucy Woodwards Band (Jelle Roozenburg) stachen die originellen Gitarristen hervor. Woodward selbst bot stimmliche Qualität und überzeugende Songs, unterlegt mit Soul und Southern Grooves, vom Gitarristen harmonisch wie soundmäßig interessant verfremdet. Thomas Lauderdales Großbesetzung Pink Martini ist eine großartige Wundertüte mit einem Konglomerat aus Show, Rock, Swing, Chanson, Bolero, Salon etc., stilistisch kaum einzuordnen. Beeindruckend: die mexikanische Gastsängerin Edna Vazquez.

Bei allen Rivertone-Acts standen in diesem Jahr Vokalist*innen in der Frontline, fast ein Alleinstellungsmerkmal des Festivals. Karin Vuskovics Idee ging wieder mal auf. Während andere Festivals ihr Jazz-Line-up mit festiven Show-Acts aufpeppen, baut die Festival-Chefin konsequent auf Zutaten wie Funk, Pop, Soul, Tango, manchmal glamourös, meist tanzbar und stets geeignet, auf 2 und 4 zu klatschen. Die Rivertone-Gäste sind nicht alle unbedingt Weltstars, wie es der Festival-Untertitel suggeriert, aber sie besitzen allesamt Zugkraft und sind Garanten dafür, dass der Laden voll wird, teils aus Neugier, teils wegen der Wiedersehensfreude.

Der Freitag stand im Zeichen des Funk. Ida Nielsen hat es nicht nötig, viel Gebrauch von ihrer Aura als Prince-Bassistin zu machen, ihre souveräne Präsenz beruht nicht nur auf der Power ihres Slap-Daumens, ihre Stimme ist kraftvoll und sie schreibt und performt gute Songs, ihre Live-Band hat Schubkraft und ist mitreißend, ebenbürtig zur Seite stand ihr der Vokalpartner Kuku Agam. Wermutstropfen am Funk-Abend: Sowohl bei Nielsen als auch im Anschluss beim Powertrio Dirty Loops (mit zusätzlichem Keyboarder) wuchs der Technik der Sound im Zirkuszelt über den Kopf. Es war einfach zu laut und der Klang undifferenziert. Dem Publikum schien es dennoch gut zu gehen. Bei Mayito Riveras Noche Cubana am letzten Abend hatte die lokale Salsa-Szene zwei Sets lang Gelegenheit zum Tanzen. Gute Idee: Vor und nach dem Konzert konnte man sich vor dem Zelt die Grundschritte beibringen lassen. Des Frontmanns jung-dynamische Band zelebrierte das Son/Salsa-Repertoire gesanglich reich und instrumental auf hohem Niveau.