Canarias Jazz & Más

Kanarische Inseln

© @lazyafternoon

Von Christoph Giese. Am Ende wird es ganz intim. Und richtig gut. Das Publikum im Teatro Cuyás im Herzen der Altstadt von Las Palmas tobt und klatscht immer weiter. Dabei haben Kandace Springs und das Metropole Orkest schon 90 Minuten und eine Zugabe gespielt. Also muss zumindest die US-amerikanische Sängerin und Pianistin noch mal ran. Sie setzt sich ans Klavier und zelebriert den alten Jazzklassiker „The Nearness of You“. Jeder Ton wird gestaltet, jedes Wort ist ein Gedicht. Ein zauberhafter Abschluss eines imposanten Konzerts, bei dem das niederländische Orchester unter der Leitung der Japanerin Miho Hazama zeigte, warum es zu den besten Orchestern in Jazz und Pop zählt, und Kandace Springs, wie schön sie zwischen Soul und Jazz singen kann, wenn auch oft in einer ähnlichen Stimmung.

Auch wenn die meisten Konzerte auf Gran Canaria in Las Palmas über diverse Bühnen gehen, gibt es auch Konzerte außerhalb der Inselhauptstadt, etwa den Open-Air-Abend in Santa Brígida, einer kleinen Gemeinde zwanzig Autominuten entfernt. Dort heizte die französische Band Daїda mit ihrer energiegeladenen Mischung aus schreiender Jazztrompete und E-Gitarre, treibenden Schlagzeug-Beats und manchmal vielleicht ein wenig zu viel verspielten Synthie-Sounds zwischen Jazz, Techno und Elektronik mächtig ein. Neuer französischer Jazz, der viel Spaß macht.

Salvador Sobral bot einmal mehr ein traumhaftes Konzert. Der Portugiese ist einfach ein begnadeter Livekünstler. Dass er spätestens seit seiner Zeit als Musikstudent in Barcelona sehr gut Spanisch spricht, öffnet ihm sogleich die Herzen des Publikums. Wie auch eine Hymne an die Kanaren, die er gegen Ende seines berührenden Auftritts singt. Mit seinen eigenwilligen Songs zwischen zartem Jazz und kunstvollem Pop und seinem sanften Gesang trifft er einfach immer die Seele der Zuhörer.

Kostenlos und open air, sind die Konzerte am Santa-Ana-Platz im Herzen der Altstadt von Las Palmas beliebt und immer bestens besucht. Zumal es meist sehr animierende Musik zu hören gibt. Etwa von der schrillen Bassistin und Sängerin Nik West, die schon für Prince ihren E-Bass umschnallte. Viel Funk und Groove und ein wenig Show – damit zieht die US-Amerikanerin das Publikum schnell auf ihre Seite. Auch der kubanische, aber schon lange in Spanien lebende Pianist und Komponist Caramelo de Cuba weiß, wie man am Ende alle zum Tanzen bringt – mit nicht enden wollenden Salsa-Rhythmen. Aber seine musikalische Mischung zuvor ist viel feiner. Denn er fusioniert genial kubanische Rhythmen mit Flamenco und Jazz und hat dafür zwei betörende Flamenco-Stimmen in seiner siebenköpfigen Band. Eine Entdeckung ist auch das Pere Bujosa Trio. Der mallorquinische Bassist, Pianist Xavi Torres und Drummer Joan Terol arbeiten geschickt mit Polyrhythmen und bauen auch mal eine Radiohead-Nummer oder einen mallorquinischen Folksong in ihren spannend tönenden Trio-Jazz ein.

Und bei aller Internationalität gibt es beim Canarias Jazz & Más immer auch lokale Musiker zu entdecken. Wie etwa das Duo der Sängerin Alba Serrano und des Pianisten Cristóbal Montesdeoca. Die beiden spielten in einem Musiksaal außerhalb des Zentrums, mitten in einem Industriegebiet. Montesdeoca entpuppt sich als fantasievoller, sehr guter Pianist – seine Partnerin überdreht allerdings oft beim Singen von in Jazz verwandelter kanarischer Folklore, portugiesischem Fado, Musik der Kapverden und aus Brasilien und Carlos Gardels berühmter Tango-Hymne „Volver“.