Canarias Jazz & más

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Kanarische Inseln

Von Christoph Giese. Im Teatro Pérez Galdós sind die Zuschauer restlos begeistert von Frau Swift und ihrer vor Energie berstenden Riesenshow. Die Amerikanerin kann alles singen – harten Rock, Jazz, Pop. Dass sie beim Festival Canarias Jazz & más in einem Theater auftritt und nicht im Fußballstadion von Las Palmas, liegt daran, dass sie mit Vornamen nicht Taylor, sondern Veronica heißt, musikalisch ist sie aber sicher nicht die schlechtere Swift. Wer sie bislang nur von ihren Jazzalben kannte, wird sich verwundert die Augen gerieben haben, was sie alles draufhat, auch wenn sie showmäßig manchmal ein wenig over the top agierte.

Keine Show, sondern nur gute Musik hatte tags zuvor im Alfredo-Kraus-Auditorium Dave Douglas mit seinem neuen Projekt Gifts gespielt. Mit Jon Irabagon (sax), Ian Chang (dr) und dem mit überraschenden Sounds aufwartenden Rafiq Bhatia (g) spielt der Trompeter eine Musik, die Miles Davis oder Billy Strayhorn zitiert, die Jazzgeschichte, Gegenwart und Zukunft in einem rhythmisch elektrisierenden Rahmen verknüpft. Ein Festival-Highlight!

Im intimen Buenos Aires Jazz Café in Las Palmas spielt Alto for Two, ein Quintett mit zwei Bandleaderinnen, die beide Altsaxofon spielen. Irene Reig und Kika Sprangers ergänzen sich mit der von Xavi Torres (p) geführten Rhythmusgruppe bestens mit gesanglicher Kraft auf ihren Instrumenten und unterschiedlichen Klangfarben in interessanten Eigenkompositionen.

Das Festival bietet eine große musikalische Bandbreite. Da lauscht man in Santa Brígida auf Gran Canaria dem belgisch-tunesischen Aleph Quintet und lässt sich von Geige, Oud, Klavier, E-Bass und Schlagzeug auf eine vielschichtig klingende Reise zu nordafrikanischer Musik, Gnawa-Rhythmen und virtuosem Jazz mitnehmen. In San Cristóbal de la Laguna auf Teneriffa spielen im Teatro Leal Chris Potter (sax), Brad Mehldau (p), John Patitucci (b) und Jonathan Blake (dr) groß auf, wenn auch ohne viel Abenteuerlust und ein wenig vorhersehbar. Das trifft auf Cécile McLorin Salvant sicher nicht zu, denn ihre Sets gestaltet sie spontan. Da muss die Band auch mal blitzschnell um- und mitdenken. Ihr Konzert in Santa Cruz de Tenerife lebt von diesen spontanen Einfällen. Da singt sie Jazzstandards, Musik von Gregory Porter oder Gretchen Parlato und am Ende den großen Hit der chilenischen Folklore, „Gracias a la vida“. Und wie sie all diese Songs individuell einfärbt!

Dann sind da noch die kostenlosen Open-Air-Konzerte am Santa-Ana-Platz in der Altstadt von Las Palmas, die ein großes Publikum anziehen. Der nigerianische Sänger und Gitarrist Adédèji überzeugt mit mitreißendem Afro-Funk ebenso wie die serbische Sängerin und Blues-Gitarristin Ana Popovic am Abend darauf. Auch Jazztrompeter Theo Croker spielt mit seiner Band auf dieser großen Bühne. Sein packendes, intensives Set hätte man dann aber doch lieber in einem ruhigeren Umfeld in einem Theater oder Club gehört.