Cologne Jazzweek

© Niclas Weber

Köln

Von Jan Kobrzinowski und Stefan Hentz. Köln glückt seit zwei Jahren mit der Cologne Jazzweek ein wiederkehrendes Spätsommer-Festival, das der Fachwelt und Fans der improvisierten und freien Musik die Möglichkeit gibt, sich über neue Trends, Newcomer und spannende neue Formationen einen Überblick zu verschaffen. Zugleich hat sich die Jazzweek als eine Plattform bewährt, auf der lokale, überregionale und internationale Musiker auf Augenhöhe ein gemeinsames Bild zum Stand der Dinge entwerfen. Auch in der dritten Ausgabe kann man vieles experimentell, einiges klassisch und sehr vieles überraschend nennen.

Mehr als 50 Konzerte auf ca. 20 Bühnen in einer von Jahr zu Jahr wachsenden Zone zwischen Ehrenfeld, Belgischem Viertel und Altstadt präsentieren die Stadt als eine echte Metropole der Musik und wecken den Anschein eines allgegenwärtigen Hungers – zumindest des jazzinteressierten Bevölkerungsteils – nach abenteuerlicher Musik und scharfen Kontrasten.

© Niclas Weber

Persönliche Highlights: Dōjō mit Michiyo Yagi an der elektrifizierten Koto, ihrem Landsmann Tamaya Honda (dr) und dem Bassisten Ingebrigt Håker Flaten (b) sowie das großartige Trio von Mehdi Nassouli (sintir, voc) mit Omri Mor (p) und Karim Ziad (dr), die auf unterschiedliche Weise das Thema World Jazz noch einmal völlig neu definieren. Isaiah Collier und Michael Shekwoaga befeuerten als kosmisches Sax ’n‘ Drums-Duo I Am ihr Publikum mit spirituellem Powerjazz. Der Saxofonist Fabian Dudek zelebrierte mit seinem Quintett Dudek carnival und dem Preisträgerkonzert des Horst & Gretl Will-Stipendiums, bei dem er seine Kompositionen mit einem Septett präsentierte, in dem Klavier, Bass und Schlagzeug jeweils doppelt besetzt waren. Modelle von Musik an der Schnittstelle von kompositorischer Konzentration und Bewegungsfreude, in der sich Grooves und Klangflächen wellenartig fortbewegten.

Das Simon Rummel Ensemble sowie rund um Sebastian Gramss und Frank Gratkowski gruppierte freie Radikale widmeten mit „In Memoriam Udo Moll“ dem Kölner Komponisten und Improvisator posthum eine nicht nur spannende, sondern auch humorvolle Gedenkveranstaltung. Und was den „klassischen“ Bereich des Jazz angeht, ist die zurückgenommene Ökonomie des Quartetts der Pianistin Julia Hülsmann, das immer wieder Raum schafft für das Aufkochen leidenschaftlicher Momente, eine sichere Bank.

© Niclas Weber

Die Jazzweek-Konzertsäle und -Clubs haben realistische Ausmaße und sind daher gut ausgelastet, manchmal überfüllt. Das alles gibt Zuschauenden zu Recht das Gefühl, an einer begehrten und wichtigen Veranstaltung teilzunehmen, die ja jüngst preisgekrönt wurde. Land NRW und Stadt Köln samt weiterer Unterstützer können sich durchaus rühmen, etwas Hochwertiges möglich zu machen, hoffentlich auch in Zukunft. Betrüblich, weil es nahezu unmöglich ist: Man kann nicht annähernd das gesamte Programm erleben – zu viele Überschneidungen und zu viele Tage, die man als Nicht-Kölner in der Stadt verbringen müsste, was man liebend gerne täte. Doch ein Zwei/Drei-Tage-Trip an den Rhein schafft es souverän, das Verhältnis zwischen Anregung und Verzicht so auszubalancieren, dass die Reiseplanung für 2024 steht.