Cologne Jazzweek

Köln

Bassmasse with Dieter Mandersheid © Niclas Weber

Von Tony Dudley-Evans. Die Cologne Jazzweek ist ein herausragendes Beispiel für ein städtisches Jazzfestival. Sie bringt 14 Veranstaltungsorte in der gesamten Stadt Köln unter einen Hut und verleiht jedem dieser Venues den speziellen Schub. In diesem Jahr umfasste das Programm 200 Künstler aus 16 Ländern, wobei der Schwerpunkt auf Musiker*innen und Gruppen aus Köln sowie jungen Bands aus ganz Europa im Rahmen des NICA-Austauschprogramms lag. Die Jazzweek ist ein gutes Beispiel für ein echtes Jazzfestival ohne die Anteile an „jazzigem Pop“, die man oft bei größeren Festivals erlebt. Die Venues waren in diesem Jahr im Schnitt zu über 95 Prozent ausgelastet, das Publikum war begeistert und brachte seine Wertschätzung meist lautstark zum Ausdruck.

Im Sendesaal des WDR-Funkhauses trat das Anthony Braxton Lorraine Trio mit Susana Santos Silva (tp) und Adam Matlock (acc) auf. Ursprünglich vorgesehen war der Einsatz von Künstlicher Intelligenz mit der Programmiersprache SuperCollider für Echtzeit-Klangsynthese und algorithmische Komposition. Da das aber live nicht zu funktionieren schien, lag der Fokus auf Braxtons Kompositionen und der Gruppenimprovisation. Dank der Besetzung und des Fehlens eines Schlagzeugs besaß dieses Ereignis die Atmosphäre und klangliche Umgebung eines Neue-Musik-Konzerts. Darauf folgte die erstaunliche Bassmasse für 23 Kontrabässe und 2 Holzbläser, komponiert und geleitet von Sebastian Gramss unter Mitwirkung von Dieter Manderscheid. Das Stück beeindruckte besonders durch seine Vielfalt von klanglichen Texturen, erzeugt durch die verschiedenen Techniken der Bassisten.

Das NICA-Austauschprogramm brachte junge Bands aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Polen zum Festival. Das Quintett der in den Niederlanden lebenden südkoreanischen Schlagzeugerin Sun-Mi Hong beeindruckte ein großes Stehpublikum im JAKI im Stadtgarten mit einer exzellenten Mischung aus Straight-Ahead- und Free Jazz. Draußen im Green Room integrierte das Amalia Umeda Quartett aus Polen unter der Leitung der Geigerin Umeda sehr wirkungsvoll Folk-Elemente in ihr Set.

Das Programm im Loft präsentierte sowohl Kölner Musiker*innen als auch internationale Gruppen. Die Saxofonistin Angelika Niescier leitete ein Trio mit zwei Amerikanerinnen, der Schlagzeugerin Savannah Harris und der Cellistin Tomeka Reid, mit einem aufregenden und feurigen Set, aufgebaut um Niesciers Kompositionen. Harris trat bei der Jazzweek als eine Art informelle Schlagzeugerin-in-Residence auf und spielte sowohl mit Petter Eldhs Projekt Drums als auch mit ihrem eigenen, wunderbar integrierten Klaviertrio mit Mike King (p) und Or Bareket (b). Die Sängerin Anette von Eichel präsentierte ein anspruchsvolles Set von Songs aus ihrem Album Inner Tide und ließ dabei ihrem Begleittrio aus Sebastian Sternal (p), Henning Sieverts (b) und Jonas Burgwinkel (dr) viel solistischen Raum. Im JAKI im Stadtgarten begeisterte Drummer Jim Black mit seiner Band The Shrimps das Publikum. Blacks komplexe Schlagzeugrhythmen lieferten den Anstoß für hochenergetische Melodien der Frontline mit zwei Saxofonen: Asger Nissen am Alt und Julius Gawlik am Tenor.

(aus dem Englischen von Jan Kobrzinowski)