© Luc Kordas

Janning Trumann

Die Trumann-Story

Von der Lüneburger Heide über Hamburg und Köln nach New York und wieder zurück nach Köln. Im vergangenen Jahr gründete der junge Posaunist Janning Trumann sein eigenes Label und schreibt so munter weiter an seiner Erfolgsgeschichte – und der seiner Kollegen.

Von Jan Kobrzinowski

Der Wahl-Kölner Janning Trumann ist ein Macher, einer von denen, die beides schaffen: konsequent musizieren und nebenbei noch Dinge auf die Reihe kriegen. Schon sein Konzertexamen gestaltete der junge Musiker als kleines Festival. Im März 2018 gründete er für sich und einige Mitstreiter der Kölner Szene das Label Tangible Music. Mit seinen noch nicht 30 Jahren hat er bereits mit einer beachtlichen Liste international bekannter Künstler zusammengearbeitet, darunter Simon Nabatov, Verneri Pohjola, Dave Douglas, Donny McCaslin, Peter Erskine, Vince Mendoza und Drew Gress.

Als Musiker weiß Trumann, worauf es heute ankommt: Die Einnahmen aus dem Verkauf der Medien gehen zu 100 Prozent an die Künstler. Zwar produziert Tangible auch physische Tonträger, „ich werde aber nicht mehr 1000 CDs produzieren und davon 800 in den Keller stellen, wenn ich vielleicht gerade keine Tour spiele“, so sagt er. Man kann aufgenommene Musik online bestellen oder auf Live-Konzerten erwerben. Verzichtet wird auf einen herkömmlichen Vertrieb, und für die Presse gibt es digitale Bemusterung. Der Deutschlandfunk unterstützte das junge Label bereits für einige der Produktionen und stellte den Kammermusiksaal Köln samt Technik gratis für Aufnahmen zur Verfügung.

Wie schon gesagt: Janning Trumann kreiert gerne eigene Events. Wie kürzlich die Tangible Music Label-Nights. Im Dortmunder Domicil und im Kölner Stadtgarten spielte mit Unterstützung des Landes NRW die kleine, eingeschworene Gemeinde von Label-Musikern wie Dierk Peters, Fabian Ahrens, David Helm u.a. in wechselnden Besetzungen. Das Großformat Fosterchild, Ahrens’ und Helms Tangible-Projekt, war hier live als Septett zu hören, mit den großartigen dänischen Solisten Jakob Anderskov (p) und Kasper Tranberg (tp), einem herausragenden Sebastian Gille am Tenorsaxofon, unterstützt durch gefühlvolle analoge Synthie-Sounds von Philip Zoubek. Das Ensemble schlug am Schluss – programmatisch für Tangible – die Verbindung zwischen großangelegter kompositorischer Collage und freiem Spiel. Die gesamte Label-Night war geprägt von entspannter kollegialer Zusammenarbeit. Trumann, auch selbst musizierend mit dem Quartett Trillmann auf der Bühne vertreten, verzichtete auf einen Moderator und nahm das Mikro zur Präsentation selbst in die Hand.

Für die vier Trillmann-Musiker begann alles in New York City. Im Zuge des vom DAAD geförderten Studienaufenthalts wurde man sich schnell einig, diese Band auch in der Heimat weiterzuführen. 2017 kam Trillmann zurück und tourte durch Europa, spielte auf der JazzBaltica und dem Jazz Weekend in Regensburg. Trillmann ist kompositorisch klar strukturiert, daran entlang wird improvisiert, oft polyphon, manchmal frei, und auf ganz natürlich anmutende Weise bringt die Musik Tradition und Avantgarde zusammen. Ausführlich kennenlernen konnte man Trillmann schon auf dem Debütalbum Fœn. Die neue Veröffentlichung Trillmann Live ist eine EP mit fünf Stücken, live, aber ohne Publikum aufgenommen im Kölner Loft. Im Video (auf YouTube) ist man Augenzeuge, wie das Quartett, im Viereck aufgestellt, die Stücke einspielt. Dabei kann es die Band rasant post-boppig, aber es gibt auch streng strukturierte Balladen. Die Improvisationen sind effizient, manchmal kollektiv, doch nie uferlos. Das Quartett steht fest verankert auf vier Beinen, mit der spezifischen Strenge und Transparenz der klavierlosen Besetzung. Eva Klesses perkussiv-komplettes und musikalisches Schlagzeugspiel ist wie geschaffen als Rückgrat für zwei Bläser und Bass. Trumanns Posaune und Fabian Willmanns Saxofon können sowohl elegisch-fugenhaft schwelgen wie in Klesses „Ballade auf 2 Beinen“ und Willmanns „Murmuration“ als auch quirlig interagieren („Amoresque“ und „Over and Out“, dessen Tenor-Kaskaden-Thema in eine Art Uptempo-Second-Line-Feuerwerk münden). Bassist Florian Herzog bewegt sich zwischen Freiheit und Funktion, fungiert sowohl als dritte Melodiestimme wie auch als Harmonie- und Rhythmusgeber. Alle vier Musiker agieren absolut unabhängig und dennoch stark aufeinander bezogen, schön zu hören in „Back & Forth“, wo im Wechsel kollektiv zu Werke gegangen wird und immer wieder aus dem Chaos ein ordnender Groove entsteht.

Janning Trumann (geboren 1990) begann als Kind mit dem Geigenspiel, entdeckte aber schon bald im Haushalt eine Posaune, die für ihn zu einer Art Alleinstellungsmerkmal seiner Teenagerzeit wurde. Er exponierte sich schnell in Bands als Solist, wurde Jungstudent bei Nils Landgren in Hamburg, wechselte nach dem Abi an die Hochschule in Köln und ging danach an die New York University. Zwischenzeitlich gehörte er dem JazzBaltica-Ensemble an und war u.a. in Moers, beim Elbjazz, den Leverkusener Jazztagen und der jazzahead! mit eigenen Ensembles vertreten. Trumann ist Kurator eigener Konzertreihen in Köln und Sprecher der Kölner Jazzkonferenz. Im Jahr 2016 gewann er den renommierten J.J. Johnson Award der Internationalen Posaunenvereinigung ITA und wurde 2016 mit dem Förderpreis Musik des Landes NRW ausgezeichnet.

Neue EP:

Trillmann: Live (Tangible / www.tangible-music.net)