Like a Jazz Maschine

© Peter Bastian

Dudelange

Von Peter Bastian. Luxemburgs Jazz-City ist Dudelange, Düdelingen, Diddeleng, wie sie in den drei Landessprachen heißt. Sie bot jetzt zum achten Mal und unter der neuen Leitung von John Rech einen breit gefächerten Mix von modernem Jazz. Dass man Luxemburger Musiker hier öfter sieht, auch doppelt und dreifach, ist klar. Das ist unter anderem Sinn und Zweck des Festivals. Doch bei den internationalen Gästen waren die Wiederholungen im Lauf der acht Jahre nicht immer nachvollziehbar.

Der 51-jährige Bassist Kyle Eastwood etwa taucht in keiner Diskographie als Sideman auf und hat auch kein nachhallendes Album veröffentlicht. Natürlich machen die Damen gern Selfies mit dem Sohn vom berühmten Clint, aber mehr als soliden Mainstream gibt es von seinem Quintett nicht zu hören, und somit wirkt er unter all den aufregenden Jazzmusikern etwas fehl am Platze. Auch Soweto Kinch, Manu Katché und Get the Blessing sind hier Wiederholungstäter. Doch von ihnen kommen echte musikalische Statements. Der Brite Soweto Kinch (sax) hatte in seinem Quartett mit Theo Croker (tp), Nick Jurd (b) und Greg Hutchinson (dr) drei der interessantesten Stimmen des aktuellen Jazz und spielte, wenn er nicht gerade rappte, eine Musik, wie sie aufregender kaum sein kann. Der 60-jährige Drummer Manu Katché hat mit vielen Größen des Rock gespielt, kann aber auch Jazz und breitete mit dem Projekt The Scope den ganzen Umfang seines perkussiven Könnens aus: Rap, Rock, Techno, Jazz. Das hatte faszinierende, aber auch zu glatt gebügelte Momente. „Das Beste, was man tun kann, wenn ein Elefant im Raum ist: ihn in Zellophan einwickeln“ – mit solchen Ratschlägen und ansteckend mitreißenden Beats zwischen Electro, Postrock und Jazz kam die britische Band Get the Blessing daher. Was Pete Judge (tp), Jake McMurchie (sax), Jim Barr (b) und Clive Deamer (dr) darbieten, zählt zum Coolsten auf dem Planeten.

Die Präsentationen der Luxemburger Artists in Residence fielen gemischt aus. Das Marly Marques Quintet & Friends hat man zu früh auf eine professionelle Festivalbühne geholt. Was die Sängerin aufführte, war nicht mehr als durchschnittliche Unterhaltungsmusik. Ohne Frage ist Pascal Schumacher einer der besten Vibrafonisten Europas, aber sein Solokonzert hätte etwas mitreißender sein können. Das war bei Jeff Herrs Teleport mit dem hervorragenden Zhenya Strigalev (sax), Jérôme Klein (keyb) und Pol Belardi (b) der Fall. Das vielversprechende Quartett um den Schlagzeuger überzeugte mit erfrischendem, packendem Jazz.

© Peter Bastian

Der Franzose Laurent de Wilde (p) bot mit seinem Trio zwar interessante und neue Facetten der Musik von Thelonious Monk, sollte aber weniger lang über dessen Leben dozieren. Der 78-jährige Flötist Michel Edelin interpretierte mit edler Besetzung (Sylvain Kassap, Sophia Domancich, Stéphane Kérecki, Simon Goubert) die Musik der 70er-Band Henry Cow neu. Da entstanden mit dem Originalmitglied John Greaves (spoken words) faszinierende Momente. Das Sextett des Luxemburgers David Laborier (g) hatte anschließend mit drei Bläsern spannenden Crossover-Jazz auf den Notenständern liegen. Die Überraschung des Festivals waren No Tongues aus Nantes. Mit zwei Kontrabässen, Trompete, Saxofon und Bassklarinette umspielten die vier Musiker Aufnahmen uralter Gesänge von den Pygmäen bis zu den Inuit. Daraus entstand eine magische Musik aus Geräuschen, Rhythmen und Stimmen, die nach Minimal, Techno oder Free klang – äußerst individuell und stilvoll.