© Axel Engels

Emsjazz Greven

Jan Kobrzinowski. Es ist wieder September und ich fahre von Münster ins nahe Greven an der Ems. Das dortige ehemals industrielle Umfeld, das Ballenlager, wird durch eine Kulturinitiative für Livemusik in roten Klinkern umgenutzt. Zum zweiten Mal findet dort das Emsjazz-Festival statt. Zur Begrüßung am ersten Abend drängelt sich eine Gruppe Männer ab 50 auf der Bühne und holt sich den verdienten Applaus für die gelungene Organisation ab. Man freut sich und feiert vorab das Gelingen des Festivals, deutlich abzulesen am Zuspruch der Zuschauer*innen. Die Halle ist wieder gut besucht, und draußen gibt es neben Bier und Wein auch Pommes und Currywurst, gegrillt von Schüler*innen der Nelson-Mandela-Gesamtschule.

Im vergangenen Jahr hatte sich die Kulturinitiative Greven e.V. den Luxus geleistet, Jan Garbarek einzuladen. Wie um zu zeigen: Kommt alle, es geht wieder los! In diesem Jahr verzichtete man bei der Planung auf große Namen. Und konnte doch mit nicht minder großer Musik aufwarten. Maasa eröffnen das Festival mit großer Leichtigkeit und freundlicher, intensiver Musik – World Jazz, könnte man sagen. Vokalist Rabih Lahoud und seine Begleiter nehmen das Publikum mit großer Zuwendung mit, überwiegend auf Arabisch. Für den ersten Abend hatte man sich in Greven für Musizierkonzepte entschieden, wie sie verschiedener nicht sein können. Es folgt die schwergewichtige Band des Tubisten Theon Cross. Die Coolness der Londoner Szene schlechthin entert die Bühne. Laut und mit bassigen und halligen Sounds, denen Saal und Technik manchmal nicht gewachsen zu sein scheinen. Einige im Publikum können da nicht mit, aber damit muss man umgehen bei einem Festival.

An den folgenden beiden Abenden geht es zwar bunt, aber mit weniger Gegensätzen weiter. Die Brüder Wasserfuhr stehen auf dem Programm. Roman (p), sein Bruder Julian (tp, flh) und ihre Band sind super leidenschaftliche Jazzmusiker und nebenbei noch ganz nette Jungs, die selbst gebrautes Bier mitgebracht haben, das sie in der Pause ausschenken. Spätestens damit nehmen sie alle für sich ein. Es paart sich gute Musik mit gutem Marketing, und das weiß nicht nur das westfälische Publikum zu schätzen. Das Pulsar Trio ist bekannt für andere Fusionen. East meets West, könnte man es nennen, aber das ist längst Klischee, das weder der Sitarspieler Matyas Wolter noch seine Begleiter*innen Beate Wein (p) und Aaron Christ (dr) bedienen wollen. Zwei Gigs mit herzenswarmer Musik verschiedener Stilistik.

Am Sonntag wird es zum Abschluss noch virtuoser, auch schneller und groove-orientierter. Jakob Manz ist zu Recht ein herumgereichter junger Saxofonist, begleitet von einer messerscharfen Akustik-Funk/Jazz-Besetzung. Danach folgt der flamenco-orientierte Pianist Daniel García mit seinem Trio. Überzeugend, wenn auch am Ende etwas weitschweifig, vertiefen sich die drei Musiker in ihr Genre.

Einige weitere Ausgaben von Emsjazz kann man von der gegenwärtigen Vereinsriege sicher noch erwarten. Daumen gedrückt, dass es irgendwann auch Nachwuchs gibt, der die ehrenamtlichen Mühen einer gelungenen Festivalorganisation auf sich nimmt.