Flame Jazz Cruise

Turku – Stockholm

Von Christoph Giese. Da fährt man die ganze Nacht mit einer Fähre vom finnischen Turku bis zur schwedischen Hauptstadt und geht in Stockholm nicht einmal von Bord. Denn das Schiff legt morgens gegen 7 Uhr in Schweden an und läuft kurz darauf schon wieder aus. Das Ziel der meisten Gäste ist aber auch kein geografisches, es ist die Musik. Denn an Bord der Viking Grace findet die Flame Jazz Cruise statt. Sechs Bands, zwei Jam-Sessions und zwei Talkshows gibt es am späten Abend des ersten Reisetages und ab Mittag des zweiten. „Und die meisten der Gäste an Bord kommen eben wegen des Jazz“, erzählt Jussi Fredriksson nicht ohne Stolz. Zum 13. Mal organisiert er nun schon diese Cruise, die zwei Mal im Jahr stattfindet, im September und im Januar. Das Budget kommt von der Kreuzfahrtgesellschaft, die ihren Gästen etwas bieten möchte. 2.000 Gäste an Bord, das bedeutet: ausverkauft.

Und sie bekamen diesmal ein exzellentes Programm angeboten. Dass dabei nur finnische Bands an Bord gingen, war Zufall. Jussi Fredriksson ist Pianist und kommt aus Turku. Viele Jahre hat er in Helsinki gelebt, denn „da sind eben fast alle Jazzmusiker, die in Finnland leben“. Bevor es aufs Schiff geht, gibt es ein wenig Musik an Land. In der kleinen, sympathischen Bar Ö etwa spielt einen Abend vor der Cruise der Vibrafonist Severi Pyssalo aus Turku einen Solo-Set, eine Hommage an Gershwin. Klasse, wie er Gershwin-Themen mit seinen kreativen Improvisationen umwebt und mit gesampelten, vielleicht nicht immer supergeschmackvollen Sounds ummantelt. Am Tag der Kreuzfahrt selbst, die ja erst abends beginnt, ist Jussi Fredriksson mit seinem eigenen Trio in der neuen Bibliothek mit zwei kurzen improvisierten und einem längeren Set mit seinen melodischen und dabei doch jederzeit nach kleinen Spannungspunkten suchenden Kompositionen zu hören.

Auf dem Schiff herrscht abends eine ausgelassene Atmosphäre. Das mag auch an den leckeren Drinks von der Bar liegen. Aber sicher auch daran, wie die Bands einheizen. Nassaun Fasaani mit ihren gar nicht abgeschmackten Fusionklängen – übrigens mit Jussi Fredriksson an den Tasten. Oder das Helsinki-Cotonou Ensemble, bestehend aus sechs Finnen und zwei Afrikanern (Gesang und Percussion), mit ihrer tanzbaren Mischung aus Jazz, Funk und Afrobeat. Oder Saxofonist Timo Lassy und dessen Ricky-Tick Big Band Brass, die mit swingendem, soulgetränktem Jazz für viel Schwung und Stimmung sorgen. Aber auch ein intimes Duo wie das von Trompeter Verneri Pohjola und dem an diesem Wochenende vielbeschäftigten Drummer Mika Kallio und ihrer experimentellen Vertonung des poetischen Dokumentarfilms Animal Image findet seinen Platz im Programm.

Helsinki-Cotonou Ensemble © Matti Komulainen

Für das Turku Jazz Festival, das im kommenden März seine 50. Ausgabe erlebt, ist Fredriksson seit diesem Jahr ebenfalls verantwortlich. Mit der Flame Jazz Cruise ist ihm ein Event gelungen, mit dem er sich keineswegs hinter den großen Jazzkreuzfahrten in den USA verstecken muss.