Jazzdor Berlin

Antonin-Tri Hoang, Thibault Cellier

Von Peter Bastian. Da hat Philippe Ochem schon recht, gerade in diesen Zeiten, wenn er unterstreicht, dass man den kulturellen Austausch in Europa forcieren müsse, statt nur davon zu sprechen. Das tat er bei seiner Berliner Ausgabe von Jazzdor jetzt schon im zwölften Jahr. Einige dieser Begegnungen haben sich zu festen Bands entwickelt, wie das Quartett QÖÖLP um Christian Lillinger und Théo Ceccaldi oder das Duo Nils Wogram (trb) und Bojan Z (keyb).

Letztere waren in Berlin am ersten Tag in eine neue Band des niemals rastenden 82-jährigen Klarinettisten Michel Portal integriert. Außerdem waren hier der Bassist Bruno Chevillon und der 30-jährige belgische Schlagzeuger Lander Gyselinck mit von der Partie. Die beiden Bläser aus verschiedenen Generationen – Portal begleitete Anfang der 60er Jahre Edith Piaf – harmonierten aufs Beste, und gespielt wurde wunderbarer Modern Jazz mit rockigen Elementen. Modern und mitreißend war es auch davor bei Dadada, einem Trio mit dem Pianisten Roberto Negro, dem Sopransaxofonisten Emile Parisien und dem Drummer Michele Rabbia. Im Programm hatten sie auch eine Bearbeitung von György Ligetis „Cantabile“, die natürlich kaum wiederzuerkennen, aber sehr faszinierend war.

Auch Pablo Held zählt zu den besten europäischen Pianisten und seine Rhythmusgruppe mit Robert Landfermann (b) und Jonas Burgwinkel (dr) zu den besten ihrer Art. Burgwinkel spielte auch im folgenden Trio mit Sebastian Sternal (p) und seiner Leiterin Airelle Besson (trp) und lieferte sich auch mit ihnen einen spannenden Austausch. What If, das Quartett des Tenorsaxofonisten Hugues Mayot mit Europas vielleicht bestem Fender-Rhodes-Spieler Jozef Dumoulin, bot sphärisch dichten elektrischen Jazz Richtung Weather Report.

Die Freiheit des Jazz drückt sich alleine schon in der Besetzung der ersten Band am dritten Tag, Ikui Doki, aus. Mayot spielt auch hier wieder Saxofon, Sophie Bernado Fagott und Rafaelle Rinaudo Harfe. Mit Debussy als Ausgangspunkt gelangt das Trio über Minimal Music zum Jazz, das war beachtlich. Yorgos Dimitriadis (dr), Philippe Lemoine (sax) und Andrea Parkins (acc, laptop) trafen in Berlin zum ersten Mal zusammen und lieferten faszinierende Klänge ab. Das Trans Europe Express Ensemble, das mit Yves Robert (trb), Silke Eberhard (as, b-cl), Julien Pontvianne (sax), Théo Céccaldi (vio), Ronny Graupe (g), Sébastien Boisseau (b) und dem Schlagzeuger Dejan Terzic hervorragend besetzte Oktett des Kölner Pianisten Hans Lüdemann, spielte in Berlin zum wiederholten Mal seine herrliche Musik, zu der alle Beteiligten Stücke beitragen.

Dynamisch und spannend war der Auftritt von Novembre, einem Quartett, das mit Antonin Tri-Hoang, Romain Clerc-Renaud, Thibault Cellier und Elie Duris an Saxofon, Klavier, Bass und Schlagzeug vier junge faszinierende Musiker vereint. Ihre colemaneske Musik überzeugte vom ersten Ton an. Genauso wie die Bedmakers des Saxofonisten Robin Fincker, die mit ihrem Tribute to an Imaginary Folkband überzeugten – Folk und freie Improvisation, das funktionierte gut. Und die unglaubliche Energie des Quintetts des Baritonsaxofonisten François Corneloup war ein passender Abschluss des diesjährigen Festivals.