© Frank Schindelbeck

Jazzfestival Saalfelden

Von Gerd Filtgen. Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdre hen. Doch besondere Ereignisse bleiben wie Glanzlichter. Das trifft für mich auf viele der rund 60 Konzerte zu, die in Saalfelden am Steinernen Meer in diesem Jahr an 13 Spielstätten, in Hallen, an besonderen Orten und in freier Natur mit Blick auf das imposante Bergpanorama stattfanden. Allein die Aufzählung der Künstler würde den Textumfang des Berichts bei Weitem übertreffen. Ein Grund mehr, über die Formationen zu schreiben, die besonders begeisterten. Die kanadische Pianistin Kris Davis stellte im Trio mit Robert Hurst (b) und Johnathan Blake (dr) ihr Album Run the Gaunlet vor, dessen Titel ins Deutsche übersetzt „Spießrutenlauf“ bedeutet. Mit ihrer Musik schuf Kris Davis einen hinreißenden Tribut an bewunderte Kolleginnen wie Geri Allen und Carla Bley. Dabei stellte die Pianistin ihre komplexen, tonal fein nuancierten Stücke vor, gefolgt von faszinierenden Improvisationen, die durch die knorrigen Statements des Bassisten und die lässigen Beats des Drummers einen speziellen Groove erhielten.

Die oft beschworene Leichtigkeit des Seins schwang in Daniel Erdmanns Projekt Thérapie de Couple mit. Salopp gesprochen handelt es sich dabei um eine deutsch-französische Kooperation, bei der die lässigen Saxofon-Chorusse des Leaders, die energischen Beiträge der Klarinettistin Hélène Duret, die fulminanten Einfälle des Geigers Théo Ceccaldi und die von Eva Klesse (dr) ausgehende rhythmische Power sich zu einem Gesamtkunstwerk vereinigen. Das niederländische Brainteaser Orchestra, geleitet vom Komponisten Tijn Wybenga, klang mit seinen Klangfiguren im steten Fluss treibender melodischer und rhythmischer Parts wie der Soundtrack zu einem futuristischen Jazz-Film. Die Performance von The Messthetics & James Brandon Lewis entfachte eine ähnlich elementare Wucht wie ihr gleichnamiges Debütalbum. Das basierte auf der musikalisch scheinbar unüberbrückbaren Gegensätzlichkeit der Protagonisten. James Brandon Lewis, einer der gegenwärtig innovativsten Tenorsaxofonisten, in dessen unverkennbarem Sound und hitzigen Improvisationen stets die Essenz der Black Music aufflammt, verschmolz mit den Aktionen von The Messthetics. Mit ihrer originellen Synthese aus Punk, Heavy-Metal-Anleihen sowie rudimentären Free-Passagen kreierte die Band eine Musik, die mit ihren kurzen Stücken stilistische Barrieren überwand.

© Frank Schindelbeck

Mit Vincent Courtois, Erik Friedlander und Tomeka Reid traten in Saalfelden in verschiedenen Besetzungen gleich drei Cello-Virtuos*innen auf. Am interessantesten fand ich die improvisatorisch wandlungsfähige Tomeka Reid, die mit ihren abenteuerlichen Streifzügen durch viele musikalische Bereiche, angefangen bei der Klassik über Jazz bis zum Pop, etwas Neues wagte. Für diese Konzeption war ihr Quartett mit der Gitarristin Mary Halvorson und einem adäquaten Rhythmus-Team prädestiniert. Nach solchen Tönen stellt sich schon jetzt Vorfreude auf die 45. Ausgabe des Jazzfestivals Saalfelden im August nächsten Jahres ein.

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