Jazztage

Emsdetten

© Ralph Jenders

Von Jan Kobrzinowski. Emsdetten ist eine Kleinstadt im Münsterland mit einem dieser rührigen Kulturvereine mit ihren ehrenamtlichen Betreibern und meist jungen freiwilligen Helfern. Bei den Jazztagen dankte man den lokalen Sponsoren, ohne die das alles seit Jahren nicht möglich gewesen wäre, und einem treuen Publikum, das an großen runden Tischen saß. Es wirkte dadurch größer, als es war, Stroetmanns Fabrik ist immerhin eine kleine Halle. Emskult e.V. kann und will keine Top-Acts einladen, und die Jazztage sind eines dieser Festivals, bei denen die Auswahl der Künstler nicht wirklich Kuratorenarbeit ist – hier nutzt man bestehende Kontakte und intensiviert sie über die Jahre. So werden eingeladene Künstler zu Freunden, die man wiedersieht. Da kann es passieren, dass es weder roten Faden noch Schwerpunkt gibt, muss es aber ja auch nicht.

Drei Konzertabende begeisterten das Publikum auch so, mit soliden bis sehr guten Beispielen für Jazz aus deutschen Landen. (Leider mal wieder mit dem überstrapazierten Etikett „Musik vom Feinsten“ – aber das nur am Rande.) Das Motto „Jazz up your life“ klingt da schon besser, denn was das für ein Alltagsleben bedeuten kann, brauche ich an dieser Stelle niemandem zu erzählen. Emskult bot durch seine Programmstruktur Gelegenheit, sich jeweils einen Abend lang voll auf eine Band zu konzentrieren. Pro Abend gab es zwei Sets mit Pause, eine Situation also, in der man sich den Luxus von „Deep Listening“ leisten und auch mal die Augen schließen kann, und die Band ist noch da, wenn man sie wieder öffnet.

Für die Musiker*innen die eher seltene Gelegenheit, außerhalb eines Jazzclubs auf einer richtigen Bühne eine Dramaturgie zu entwickeln, A- und B-Seiten zu spielen, Facetten zu zeigen. So geschehen bei beiden Gigs, die ich besuchen konnte. Mit der Martin Weinert Rainbow Experience, ohne die Ikone der Band, die verstorbene Susan Weinert, will ihr Ehemann das Lebenswerk der Gitarristin weiterführen. Das ist verständlich, die Idee kann aber auch dazu führen, dass sich weniger Lebensfreude entwickelt. Schade, dass Weinert trotz seiner großen Qualitäten am Bass und als Leader offenbar nie ganz loslassen konnte und so die Trauerstimmung nur weichen wollte, wenn die Musik intensiver wurde, herausragende Solisten sich selbst von der Leine ließen. Drummer Daniel Weber haute beim Solo echt zu, ein paar Mal so markerschütternd, als wolle er sagen: Hört her, so kann es gehen, wenn man Energien freien Lauf lässt! Pianist Sebastian Voltz begeisterte durch inspirierte Soli und hochmotivierende Begleitung, Geigerin Héloïse Lefebvre blieb leider blass und verließ sich allzu sehr auf das Flageolett-Potenzial ihres Instruments.

Leichtigkeit kam am Freitag auf, als Pianist Jonas Timm sein latingetränktes Projekt Morbu vorstellte. Herausragend waren Akkordeonist Tino Derado und Schlagzeuger Diego Piñera. Letzterer trieb Morbu mit Latin-Feuer an, interpretierte die Rhythmen mit viel Gefühl für Tradition und Innovation, drückte ihnen aber durchaus seinen persönlichen Stempel auf. Gast war der Posaunist Johannes Lauer. Am dritten Tag war ich zu meinem Bedauern verhindert, zum Abschluss war das Stephan-Max Wirth Ensemble geladen.