Jazztage
Hilden
Von Elmar Petzold. „Viel Spaß beim Vermehren der musikalischen Einsichten“, so beendete Peter Baumgärtner, der künstlerische Leiter der Hildener Jazztage, seine prägnanten und liebevollen Ansagen zu den darauf folgenden Auftritten. Und beim „Jazztalk“ mit Festivalbesucher*innen wurden nach den Konzerten alte und neue Einsichten fröhlich geteilt.
Diesmal startete das wegen deutlich reduzierten Budgets um einen Tag verkürzte Festival erst am Mittwoch. Hier wünschte man sich wahrlich ein größeres Engagement der Stadt. Aber was für ein fulminanter und begeisternder Start mit dem Julia Hülsmann Quartett, das dem Publikum im prall gefüllten Kunstraum Gewerbepark Süd mit sicht- und hörbarer Spielfreude die frühsommerliche Hitze deutlich erträglicher machte. Die Working Band mit Julia Hülsmann (p), Uli Kempendorff (sax), Marc Muellbauer (b) und Heinrich Köbberling (dr), deren Programm sich aktuell zwischen zwei CDs befindet (siehe Bericht in diesem Heft), drängte sich gleich als Glanzpunkt des gesamten Festivals auf. Das polyrhythmische Stück „Wespe am Fenster“ passte so wunderbar in die Atmosphäre, als sei es eigens für diesen Moment kurzfristig entstanden. Als Zugabe wählte Julia Hülsmann eine traumschöne Interpretation eines ihrer Lieblingsstücke: „The Water“ von Leslie Feist. Was für ein bemerkenswerter Abend.
Der Donnerstag begann im großen Park von Haus Horst mit zielgruppengerechter Auswahl von fein swingendem Jazz für einen lauen Nachmittag im Garten mit Matteo Raggi (sax) und seinem Quartett mit Thomas Rückert (p), Walfried Böcker (b) und Niklas Walter (dr). Die fast 500 Gäste honorierten die im Stil von Ben Webster gespielten Swing-Standards mit begeistertem Applaus. Es folgte die Masha Bijlsma Band. Die Sängerin ließ zusammen mit Tony Lakatos (sax), Hans Kwakkernaat (p), Ruud Ouwehand (b) und Dries Bijlsma (dr) das Wippen der Füße und Schnippen der Finger nicht abebben. Schön der wunderbar harmonierende Klang der warmen Stimme mit Tony Lakatos‘ markantem Sax-Ton.
Ein wahrer Genuss dann das Projekt MATRIA in der Reformationskirche mit Tamara Lukasheva (voc, p) und Matthias Schriefl (trp, flgh, tuba, alph, akk, voc), angekündigt als „ein Weltmeister des Blechs und eine Fee der Stimme“. Hier verschmolz wunderbar ukrainische und alpenländische Volkmusik und bestätigte nicht nur Peter Baumgärtners einleitende Bemerkung zum Festival, Jazz habe „pazifistische Züge“, sondern auch die Erkenntnis: „Musik ist, was man mit Worten nicht beschreiben kann.“ Ein tief bewegendes Konzert in einer stimmigen Atmosphäre, teils traurig, teils heiter, aber stets mit großer Bedeutung und Wirkung.
Man kann Peter Baumgärtner und Uwe Muth nur aufrichtig danken, zwei positiv verrückten Machern, die es trotz zunehmender Hindernisse noch immer schaffen, ein Team von Helfern zu rekrutieren und zu motivieren und ein liebenswertes, eigenständiges und hochwertiges Festival zu organisieren – Chapeau!