Jazztage

Leipzig

(c) Arne Reimer

Von Arne Reimer. „Ihr habt da in Leipzig ein Programm, davon können wir hier in Hamburg nur träumen“, sagte ein Freund im Vorfeld der 47. Leipziger Jazztage zu mir, was mich zu der Frage führte, ob man einer Stadt denn einen Stil zuordnen könne. In Leipzig hätte ein Werbeslogan für das Festival lauten können: Junges Kuratorium – junge Musik. Aber ganz so plakativ lief es zum Glück nicht, denn gleich am Eröffnungsabend trat eine Grande Dame des Jazz aus Berlin auf: Pianistin Aki Takase, zusammen mit ihrem ehemaligen Schüler Daniel Erdmann am Saxofon. Seit fünf Jahren spielen sie im Duo und werfen sich nicht nur musikalisch die Bälle zu, sondern tatsächlich auch physisch, wenn Takase etwa ein paar Pingpongbälle auf den Saiten ihres Pianos hüpfen lässt, die Erdmann mitten im Spiel gekonnt zurückkickt.

Auch bei dem amerikanischen Vibrafonisten Joel Ross wirkte die Musik wie eine Unterhaltung, die immer weiterging. In seinem Quartett brach Ross mit der Konvention der Soloabläufe und spielte eine volle Stunde ohne Pause. Vor allem Schlagzeuger Jeremy Dutton sorgte mit seinen Stöcken für einen permanenten Gesprächsfluss, wodurch die Dynamik mit enormer Energie konstant anhielt. Ganz anders spielte der Italiener Mirko Pedrotti das Vibrafon, der zusammen mit dem Leipziger Schlagzeuger Daniel Klein neue rhythmische Klangwelten auslotete. Das Duo fand sich im Rahmen eines Projekts, bei dem die Leipziger Jazztage mit dem Südtiroler Jazzfest Alto Adige kooperieren. Auch andere Premieren und eigene Produktionen folgten dem diesjährigen Motto „Stell die Verbindung her“, für das innerhalb von acht Tagen an 13 Spielstätten 33 Konzerte präsentiert wurden. Das Publikum war durchweg begeistert – egal, ob bei den lauten Tönen des Jazzrocks von Tigran Hamasyan oder bei befindlich leiseren Tönen der Perkussionistin Camille Emaille.

Aus Polen kommt das Trio der Pianistin Joanna Duda, deren Klavierläufe mal hypnotisch, mal hymnisch ertönten, wenn sie am Ende eines Titels zum Beispiel Bach zitierte. Ganz ruhig und gelassen erklangen ihre zarten Pianotöne, die dann immer wieder sowohl von ihrem Schlagzeuger als auch von ihrem Bassisten mit einem treibenden Groove unterlegt wurden. Faszinierend vielseitig war auch die Schlagzeugerin Sun-Mi Hong, die an einem Abend noch in der Gruppe von Petter Eldh fette laute Breakbeats spielte und am Folgetag in ihrem Quintett ein feines Gespür für zeitgemäße Kompositionen bewies. So gelang es dem Leipziger Programm in diesem Jahr hervorragend, die unterschiedlichsten Entwicklungsstadien des zeitgenössischen Jazz abzubilden.