John Blue JB 3

J.B. 3

Das kleine Wunder aus Fernost

Großer Musikgenuss muss nicht zwingend mit großen HiFi-Komponenten verbunden sein. Wie es auch anders geht, zeigen kompakte Lautsprecher des Herstellers John Blue aus Taiwan.

Von Peter Steinfadt

Wie vielleicht so manche audiophilen Leser und Leserinnen hier lebt auch der Autor nicht in einer opulenten Altbauwohnung mit 150 plus Wohnquadratmetern zum Mietschnäppchenkurs – falls es solche überhaupt jemals gab. Nein, nicht beengt, aber auch nicht überdimensioniert, also „normal bürgerlich“ lebt er mit einiger Verwandtschaft zwischen Wänden aus Rigips und Massivstein. In Zeiten immer kleinerer Wohnräume, gerade in urbanen Settings, schrumpfen zwar die Räume zum Ausleben von HiFi-Wünschen, aber nicht die Ansprüche an gute Musikreproduktion. Groß und wuchtig? Geht nicht. Aber, euch normal Wohnenden zum Trost, es gibt sehr gute Lösungen, die exzellenten Musikgenuss in kleinen Hörräumen ermöglichen.

Eine davon ist der schnuckelige Lautsprecher JB 3 des Herstellers John Blue aus Taiwan mit den minimalen Verpackungsmaßen von 12,9 x 20,8 x 18,8 cm und einem winzigen Vollbereichsbreitbänder ohne zusätzliche Frequenzweiche. Der Verzicht auf elektronische Korrekturglieder bedeutet: Was reinkommt, kommt auch ungefiltert raus. Solche Konzepte zahlen meist auf Schnelligkeit und „Livehaftigkeit“ ein, können aber im Umkehrschluss auch eine tendenziell stärkere Verfärbung des Musikgeschehens bedeuten. Dies vorab: Den Taiwanesen gelingt ein fast linearer Frequenzverlauf, stark überbetonte Mitten sucht man z.B. vergebens, und auch eine breitbandtypische Beschneidung der Frequenzen findet man nicht – ganz im Gegenteil. Geeignete Adjektive zur Klangbeschreibung: Präzise und erstaunlicherweise vollmundig sind die Kleinstlautsprecher JB 3. Schauen aus wie Spielzeuge, sind klanglich aber sehr erwachsen.

Hören wir mal im Nahfeld, d.h. mit geringem Hörabstand in die schick lackierten Winzlinge rein. Heuer gab es tolle News für Fans der legendären Band Suicide. Das New Yorker Label Sacred Bones veröffentlichte im April das verschollene Album Mutator (Sacred Bones, 2021) aus dem Privatarchiv des 2016 verstorbenen Sängers des New Yorker Proto-Postpunk-Duos. Die düster-apokalyptischen Aufnahmen stammen aus der Mitte der 90er Jahre und erinnern stimmlich Vega-typisch an eine Art „Evil Elvis“, der zu harten Industrial- und Ambient-Beats über das unbarmherzige Street Life New Yorks schwadroniert. Rudy Giulianis Zero-Tolerance-Politik der Mittneunziger und deren teils verheerende Auswirkungen auf die weniger privilegierten Bevölkerungsschichten finden hier ihren musikalischen Ausdruck. Diese Musik ist nicht breitentauglich und kann, in der falschen Stimmung gehört, echt nerven. Wer aber unvoreingenommen zu hören vermag, wird sein blaues Musikwunder erleben. Hier machen die JB 3 genau das, was man von einem Breitbänder erwartet: Sie stellen das recht komplexe und zwischentonreiche Musikgeschehen bruch- und mühelos in den Raum. Was verblüfft: Der Bass ist glaubhaft. Natürlich nicht abgrundtief, aber so recht vermisst man auch nichts. In der Quintessenz lauschen wir der Musik und nicht den Lautsprechern – eines der schönsten Komplimente, die man einem Produkt machen kann.

Die Abteilung Grobdynamik stößt bei diesem Kleinkonzept natürlich rasch an ihre Grenzen. Leicht gehobene Zimmerlautstärke ist aber allemal drin und tönt überzeugend, nur sollte der Fuß nicht zu arg aufs Gaspedal drücken. Aber dafür sind die blauen Johns als Schreibtisch- oder Nahfeldlautsprecher auch gar nicht gemacht. Ihre Abteilung ist vielmehr das feinziselierte Musikgeschehen – wie zu hören auf Joe Lovanos neuer Platte Garden of Expression (ECM, 2021). Die zart melodischen Saxofonbögen und das raumbewusste Schlagzeugspiel von Carmen Castaldi stellen die beiden Taiwanesen gekonnt und sehr hochauflösend dar. Kristallklare Höhen ohne Verzerrungen und eine räumliche Darstellung des Musikgeschehens zum Niederknien – ja, das können sie wirklich sehr, sehr gut. Wer also Kleinstmonitore für geringe Hörabstände sucht und keine Altbauwohnungen in Berlin, Frankfurt und andernorts beschallen darf/muss, sollte die hübschen Lautsprecher aus Fernost ernsthaft in Betracht ziehen. Und sich, sofern nicht schon vorhanden, einen ordentlichen Verstärker besorgen – die JB 3 danken das sehr. Die John-Blue-Minimonitore sind keine Neulinge auf dem HiFi-Markt, sie sind schon seit einigen Jahren erhältlich. Das spricht für sie – genau wie ihr Paarpreis von 450 Euro.

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www.reson.de