London Column

Martin Hummel, der Chef des Plattenlabels Ubuntu Music, zeigt auf dem Profil seiner LinkedIn-Webseite eine Reihe von Bleistiften. „Warum diese Bleistifte?“, fragte ich ihn. Das sei ein Hinweis auf seine frühere Karriere, eine Hommage an das Symbol der wichtigsten Preisverleihung in der Werbebranche, nämlich des D&AD (Design and Art Direction)-Preises. Der Amerikaner begann seine Karriere in der Werbebranche in den 70er Jahren in London. Darauf folgte ein Zwischenspiel in Südafrika, daher stammt der Name Ubuntu. „Dann kam ich 1989 zurück nach London – und da bin ich geblieben“, sagt er. Hummel kommt ursprünglich aus Montclair in New Jersey. Seine Vorfahren waren im 18. Jahrhundert von Hamburg ausgewandert. Schon als Kleinkind hatte er eine Leidenschaft für Jazz. Gab es ein Schlüsselerlebnis? „Ja“, sagt er, „eine Originalauflage von Miles Davis’ Kind of Blue wurde meinen Eltern zugeschickt. Ich habe die Platte noch heute.“

Diese Liebe zum Jazz führte dazu, dass er 2016 das Ubuntu Label ins Leben rief. Eins seiner frühen Erfolgsprojekte war die Erstauflage von Chet Bakers Live in London. Der Bassist der Gruppe hatte die Konzerte, die die Band in einem längst vergessenen Klub in Covent Garden gab, mit einem Kassettenrecorder aufgenommen. Der Trompeter war in Hochform, und DOWN BEAT nannte das Album eine der besten historischen Neuauflagen des Jahres 2017. Das war jedoch nicht der einzige Erfolg: Hummels Spezialität ist, dass er die amerikanische Jazztradition feiert, besonders mit Alben der New York All-Stars mit dem Saxofonisten Eric Alexander und dem verstorbenen Pianisten Harold Mabern aus Memphis.

Hummel unterstützt auch Musiker der britischen Szene, zum Beispiel die Saxofonistin Allison Neale. Ihr Album Quietly There mit Peter Bernstein hat bei den Kritikern großen Anklang gefunden. Auch der Saxofonist Paul Booth arbeitet mit dem Label. Während seiner internationalen Tourneen, z.B. mit Steve Winwood und Rod Stewart, komponierte er die Musik für das Album Travel Sketches. Einer dieser Songs ist mehr als zwei Millionen Mal gestreamt worden. Paul Booth bringt gerade eine neue Serie mit Ubuntu heraus unter dem Titel The Secret Sessions.

Wie reagieren die Menschen, wenn Martin Hummel ihnen erzählt, dass er ein Jazz-Label betreibt? „Normalerweise drücken sie mir dann ihr Beileid aus“, lacht er. Was hält ihn bei der Stange? „Die ehrliche Antwort ist, dass ich mich als der glücklichste Mensch der Welt fühle, weil ich genau das tue, was ich liebe. Die Welt ist gut zu mir gewesen, und ich möchte etwas zurückgeben. Ich verfolge meine Leidenschaft und kann mir nichts Besseres vorstellen.“

Sebastian Scotneys Website londonjazznews.com wurde 2021 für einen Parliamentary Jazz Award nominiert.