The London Column

Was ist das Besondere an den Kanadiern? Durch das Auftreten Kanadas als diesjähriges Partnerland der jazzahead! fing ich an, darüber nachzudenken, was wohl der subtile und positive Einfluss kanadischer Musiker auf die britische Jazzszene ist.

Da ist der aus Kanada stammende Trompeter und Komponist, der inzwischen leider verstorbene Kenny Wheeler, der einen wirklich enormen Einfluss hatte. Wheeler, „eine der schöpferischsten Gestalten in der Musik“ (John Hollenbeck), zog 1952 nach London statt New York, um den Militärdienst im Koreakrieg zu vermeiden – und blieb hier bis zu seinem Tod 2014. Er war bekannt für seine schüchterne Art, „weltfremd und vielleicht etwas verloren im Tumult des Lebens“ (John Fordham); und doch könnte man denken, dass dieser kreative Gigant noch unter uns weilt. Das London Jazz Orchestra, das er mitbegründet hat, feierte ihn diesen Januar anlässlich seines 90. Geburtstags mit einem Konzert, und der Trompeter und Jazzpädagoge Nick Smart schreibt an einer umfangreichen Biographie Wheelers, die demnächst veröffentlicht wird. „Fast fertig“, sagt er.

Die kanadische Sängerin Lauren Bush, die 2016 bei der Sarah Vaughan Competition in die Endrunde kam, antwortet auf die Frage, was das Besondere an kanadischen Musikern sei: „Wir fühlen uns nicht unbedingt als Kanadier. Wir sind einfach eine Mischung von vielen Nationalitäten, ein Melting Pot, und deshalb fällt es uns leicht, in die Welt zu ziehen und zuzuhören, zu lernen, mit anderen zusammenzuarbeiten und dadurch als Künstler zu wachsen. Unsere Jazzindustrie ist winzig und wegen der Weite Kanadas sehr verstreut. Wenn wir also Inspiration und Weiterentwicklung als Jazzmusiker suchen, dann müssen wir uns einen Stoß geben und schauen, was draußen in der Welt vor sich geht, das heißt die USA, Europa oder eine andere Ecke in unserem Land. Wir sind auch loyal und unterstützen unsere Landsleute; wir machen Reklame für die, die wir für talentiert halten, wir buchen uns gegenseitig usw. Meiner Ansicht nach sind die meisten Kanadier einfach nette Leute, mit denen man gut zusammenarbeiten kann.“

Als Beispiel nennt Bush einen überall beliebten Kanadier in London, den Gitarristen Dominic Ashworth. „Dominic vereint in sich all die Tugenden eines kanadischen Jazzmusikers. Er gibt sich immer Mühe, seinen Job so gut wie möglich zu machen und dadurch seine Mitspieler mitzuziehen. Er spielt fantastischen Jazz, indem er mit den Besten spielt und selbst immer der Beste ist. So überrascht es nicht, dass er immer gefragt ist.“ Ja, diese stille kanadische Art überzeugt.

Jazzjournalist Sebastian Scotney betreibt die Website londonjazznews.com.