Megaphon

Von Hans-Jürgen Linke

Die Vielen stehen nicht über den Dingen, sondern auf dem Boden der Tatsachen, und die nähren zurzeit Befürchtungen: Rechter Populismus greift immer unverhüllter Institutionen der zeitgenössischen Kultur an. Rechte Organisationen stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, arbeiten an einer Renationalisierung („Entsiffung“) von Kultur. So weit wie in Ungarn, Polen, Italien sind sie in Deutschland noch nicht, aber schon knicken Institutionen ein, lassen etwa die Band Feine Sahne Fischfilet aus Angst vor rechter Randale nicht auftreten oder wollen sich (in Hannover) in eine Freischütz-Inszenierung einmischen. Die Kampagne „Die Vielen“ basiert auf einem Zusammenschluss von kulturtragenden Institutionen, die ihre Arbeit als Beitrag zum demokratischen Diskurs begreifen. Sie leisten Widerstand gegen völkische Propaganda, gegen die Instrumentalisierung von Kunst und Kultur und üben Solidarität mit jenen, die durch rechtsextreme Politik an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden sollen. Die Vielen haben eine Erklärung nebst einer Selbstverpflichtung formuliert und unterzeichnet. Jeder kann beitreten. Näheres unter www.dievielen.de

Georg Katzer, geboren 1935 in Schlesien, Meisterschüler Hanns Eislers, war ein politisch denkender Komponist und Pionier der elektronischen Musik in der DDR. Die hohe Achtung, mit der man ihm international begegnete, hat er nie mit Anpassung bezahlt. Gegen massive Widerstände begründete er in den 1980er Jahren das Studio für Elektroakustische Musik an der Berliner Akademie der Künste. Er schrieb Orchesterwerke, Kammermusik und Filmmusiken, vertonte Texte von Sarah Kirsch; Christa Wolff schrieb ein Libretto für ihn, und er spielte als Live-Elektroniker mit improvisierenden Musikern. Katzer starb am 7. Mai.

Stefan Hentz

Schön, wenn jemand endlich bekommt, was er schon lange verdient gehabt hätte: Stefan Hentz, Mitarbeiter des Jazzmagazins Ihres Vertrauens, hat im April auf der jazzahead! in Bremen den Preis für deutschen Jazzjournalismus entgegengenommen, keinen Tag zu früh. Großer Glückwunsch!

Grace Kelly

Grace Kelly? Nein, nicht die, sondern die Sängerin, Saxofonistin und Songschreiberin aus Long Island hat den John Lennon Award bekommen, für ihren Song „Feels Like Home“. In der Sparte Jazz wurde die Sängerin Jessica Curran aus Boston für ihren Song „Weightless“ ausgezeichnet.

Am Anfang waren das Schlagzeug und der Gospel-Chor, und schon mit 15 war Lawrence Leathers, Jahrgang 1981, professioneller Musiker, der bald nach New York zog und an der Juilliard School studierte. Später geriet er in das Umfeld des Lincoln-Centers, 2011 gehörte er zu Wynton Marsalis‘ Rhythmusgruppe. Er spielte mit Diego Rivera, Aaron Diel und Cécile McLorin Salvant. Leathers starb im Juni in der Bronx.

Zum fünften Male hat die Jazz Journalists Association (JJA) das Münchner Label ECM zum „Record Label of the Year“ ausgerufen. Darüber hinaus wurden zwei ECM-Künstler ausgezeichnet: Bill Frisell als Gitarrist und Chris Potter als Tenorsaxofonist des Jahres. Unter den weiteren Ausgezeichneten befinden sich Ahmad Jamal (Lifetime Achievement Award), Maria Schneider (Arranger of the Year), Wayne Shorter (Jazz Musician of the Year und Composer of the Year) und Cécile McLorin Salvant (Female Vocalist of the Year). Hier die komplette Preisträgerliste: www.jjajazzawards.org/p/2019-winners.html

Mariola Membrives © Sa Pobla Mallorca

 

Die diesjährige Ausgabe des Festivals Sa Pobla auf Mallorca legt den Fokus auf weibliche Stimmen – u.a. mit Cyrille Aimée, Catherine Russell und der ambitionierten Sängerin/Schauspielerin Mariola Membrives, die populäre spanische Lieder von Federico García Lorca neu ausdeutet, laden die Veranstalter zwischen 29.7. und 19.8. auf die hochsommerliche Plaza des mallorquinischen Städtchens ein. www.mallorcajazzsapobla.com

David Samuels, geboren 1948 in Waukegan, Illinois, begann früh mit dem Schlagzeugspielen und stieg unter dem Einfluss von Gary Burton aufs Vibrafon um. Er spielte mit Pat Metheny, John Scofield, Gerry Mulligan und Frank Zappa und war Mitglied bei Spyro Gyra. Mit seinem Caribbean Jazz Project erhielt er 2003 einen Grammy. Er starb am 22. April.

Solo Cissokho

Solo Cissokho, 1963 in Ziguinchor im Senegal geboren, spielte neben Kora und Djembé auch Gitarre und Bass und wuchs in einer Griot-Familie auf. Er lebte und arbeitete in England und Frankreich und seit 1995 in Norwegen, wo er die afrikanisch-norwegische Band Cissokho System gründete. Für das Album Tretakt / Takissaba erhielt er 2003 einen BBC World Music Award in der Kategorie Boundary Crossing. Er starb am 4. Mai.

Der Herb-Alpert-Kunst-Preis, der jährlich in fünf Sparten vergeben wird, ging an Meshell Ndegeocello, die zwischen den Genres Rock, Funk, Jazz und HipHop changiert und schon mehrfach für den Grammy nominiert war.

Österreich pflegt die Institution des enfant terrible. Fritz Novotny, geboren 1940 in Wien, war so einer. Schon in früher Kindheit kam er mit anspruchsvoller Musik unterschiedlichster Couleur in nahe Berührung, reüssierte aber zunächst als Boogie-Tänzer. Er lernte Flöte, Klarinette und autodidaktisch Sopransaxofon, gründete 1965 den Arbeitskreis Free Jazz und die Band Reform Art Unit (RAU), die über viele Jahre mit renommierten Gästen spielte. Novotny aber blieb stets auch in musikalischer Nähe zur zweiten Wiener Schule und zu Bartók und John Cage. Er starb im Mai im Alter von 78 Jahren an einem Herzinfarkt.

Joss Turnbull © Frank Schindelbeck

 

Der erste Träger des Kathrin-Preises war Joss Turnbull, Perkussionist. Seine einwöchige Residenz in Darmstadt hat er mit einem enorm vielschichtigen Preisträgerkonzert im Musikclub 806qm abgeschlossen – zum Ensemble gehörte ein Boxer: Sage niemand, dass Boxer keine Perkussionisten sind! – und bewiesen, dass er als Preisträger eine ausgezeichnete Wahl war.

Danilo Perez © John Abbott

Der Augsburger Jazzsommer beginnt am 10. Juli und bietet sechs Konzertabende im Botanischen Garten. (s. Terminteil)

Tetsu Saitō, geboren 1955 in der Nähe von Tokio, gehörte als Kontrabassist seit Ende der 1970er Jahre zur japanischen Improvisatoren-Szene. Er studierte unter anderem bei Nobuyoshi Ino und fing um die Mitte der 1980er Jahre an, sich für Tango zu interessieren. Daneben befasste er sich mit traditioneller japanischer und koreanischer Musik. 1995 gründete er mit Barre Phillips, Alain Joule und Michel Doneda die Gruppe Fifth Season. 2013 gehörte er eine Zeit lang zu Sebastian Gramss‘ Bassmasse. Tetsu starb im Mai an den Folgen einer Krebserkrankung.

Der Brussels Jazz Orchestra International Composition Contest will zeitgenössische Jazz-Komponisten fördern. Bis zum 30.9. können Kompositionen eingereicht werden, unter denen eine Jury vier Finalisten auswählt, die für ein Konzert am 12.1.2020 in Brüssel ein weiteres Stück schreiben sollen. Eine internationale Jury wird dann unter den vieren die Nummer eins küren. Teilnahmebedingungen unter

www.brusselsjazzorchestra.com/internationalcompositioncontest/contestrules

Hamburger JAZZPREIS 2019 Lisa Wulff

Bassistin Lisa Wulff erhielt im Rahmen des Elbjazz-Festivals den Hamburger Jazzpreis, der alle zwei Jahre vergeben wird. Die Jury hob ihre stilistische Offenheit sowie ihre kompositorischen Fähigkeiten hervor. Nils Landgren hielt die Laudatio. Lisa Wulff bedankte sich mit einem Konzert.

Camille Bertault

 

Der Jazz Sommer im Bayerischen Hof in München beginnt am 22.7. mit Gilberto Gil und Moshulu, setzt sich fort am 23.7. mit dem Joey de Francesco Trio, am 24.7. mit Camille Bertault, präsentiert am 25.7. John Medeski, am 26.7. China Moses mit Band und endet am 27.7. mit Ivan Lins und seinen Freunden.

www.bayerischerhof.de/

Der Radiokulturpreis der GEMA ging in der Kategorie „Ernste Musik, Jazz sowie sonstige gehobene Instrumental- und Vokalmusik“ an den Deutschlandfunk Kultur. Der Preis zeichnet Hörfunkwellen aus, die ihr Programm besonders lebendig und vielfältig gestalten und damit die Musikkultur fördern. Dass wir auch Hörfunkwellen kennen, die diesen Preis vorerst nicht bekommen werden, erwähnen wir nur am Rande.

Keyboarderin Liz Kosack
© SWR/KH Krauskopf

Liz Kosack, Keyboarderin aus Maine (USA), bekommt den SWR Jazzpreis. Zu ihren Markenzeichen gehören individuell gestaltete Masken, ohne die sie nicht auf die Bühne geht. Sie spiele, befindet die Jury, mit verschiedenen Identitäten und hinterfrage spielerisch auch ihre Rolle als Musikerin. Das Preisträgerkonzert gibt’s beim 

Enjoy Jazz Festival am 7.11. in Ludwigshafen im Kulturzentrum Das Haus.

Die Jury für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik verlieh Ehrenurkunden an das Münchner Label Trikont, vertreten durch Eva Mair-Holmes, und an den Bassisten und Grafikdesigner Klaus Voormann. Auf der aktuellen Vierteljahres-Bestenliste der Jury finden sich u.a. John Mayall (Nobody Told Me), Michel Petrucciani / Gary Peacock/ Roy Haynes (One Night in Karlsruhe) und Joachim Kühn (Melodic Ornette Coleman).

In Frankfurt am Main gab es im April, veranstaltet vom Frauen Musik Büro und der Frankfurter Musikwerkstatt, den ersten Jazz Girls Day mit Gesprächen und Workshops. Dort konnten Mädchen und junge Frauen zwischen 12 und 20 ins Musikmachen und Improvisieren hineinschnuppern, Role Models kennenlernen und sich mit praktischen Problemen auseinandersetzen.

www.melodiva.de

Der Verein Taktlos-Festival hat die Kuratierarbeit für die Festivals der kommenden zwei Jahre in die Hände der Pianistin Sylvie Courvoisier (2020) und der Bassistin Martina Berther (2021) gelegt. Das Festival existiert seit 1984 und erfuhr 2018 eine konzeptionelle Runderneuerung durch den Verein, der seitdem für jedes Jahr eine Kuratorin oder einen Kurator beruft.

www.taktlos.com

Allan Harris ※ Angrajazz Festival

 

Auf der Azoren-Insel Terceira gibt es in der Stadt Angra do Heroísmo seit 1999 im Oktober das Angrajazz Festival, organisiert von einer Non-Profit-Organisation und unterstützt von wichtigen lokalen Institutionen. In diesem Jahr werden das Orquestra Angrajazz mit Carlos Azevedo sowie Émile Parisiens Sfumato Quintet mit Michel Portal auftreten, ebenso João Mortágua’s Axes, die Allan Harris Band, das Miguel Zenón Quartet und das Frank Kimbrough Quartet, das Monk spielt.

www.angrajazz.com

Im Zürcher Moods wurde vom 5. – 9.5. um den ZKB Jazzpreis gespielt. And the winner is: das Arthur Hnatek Trio. Auf dem zweiten Platz landete das AA Trio, den Publikumspreis erspielte sich MaxMantis.

Beim BMW Jazz Award gab die Jury dem Maciej Obara Quartet und seinem Projekt Saxophone Worlds den Vorzug gegenüber dem Rudresh Mahanthappa Quintet.

Tribute to Svend Asmussen

 

Das Jazzfestival in Ystad wird immer größer und internationaler. Vom 31.7. – 4.8. kommen dort dermaßen viele Musiker unterschiedlichster Stilrichtungen zusammen, dass man verzweifeln würde, wenn man sie hier einzeln aufzählen müsste. Ja, eine rote Posaune ist auch dabei. Und die Ostsee verspricht ja um diese Jahreszeit gemeinhin stabiles Sommerwetter.

http://ystadjazz.se/

Der neu gegründete Verein JAZZ RLP, ein Landesverband für Jazz in Rheinland-Pfalz, will „frei von Altlasten“ die nötige institutionelle Arbeit für die Szene des Landes tun und erfreut sich einer intensiven Aufbruchsstimmung. Vorsitzender ist David Maier vom Wormser Festival Jazz & Joy, seine Stellvertreter sind die Musikerin Alexandra Lehmler und der Musiker und Kulturmanager Klaus Gasteiger.

Dee Dee Bridgewater wird am 4.7. für ihr Gesamtwerk mit der German Jazz Trophy ausgezeichnet. Im Anschluss wird sie im SpardaWelt Eventcenter in Stuttgart das Eröffnungskonzert der JAZZTHETIK präsentiert: Jazzopen 2019 bestreiten. Das Festival bespielt bis zum 14.7. die Stadt, u.a. mit Bill Evans & The Spy Killers, Marius Neset, Yaron Herman, Chick Corea, Bob Dylan, Sting und Wolfgang Dauner.

Pierre Favre

Zu den Gewinnern des Schweizer Musikpreises gehört (endlich) Pierre Favre. Favre machte seit Ende der 1960er Jahre mit seiner melodischen Entwicklung des Schlagzeugspiels auf sich aufmerksam. Er spielte u.a. mit Peter Kowald, Irène Schweizer, Albert Mangelsdorff und Michel Godard, tritt auch als Solist auf und gehört international zu den einflussreichsten Schlagzeugern seiner Generation.

Lukas Kranzelbinder

 

In Österreich gibt es ein Steinernes Meer – und daneben liegt Saalfelden, das im August (22. – 25.8.) wieder zum Schauplatz eines einzigartigen und reichhaltigen Jazzfestivals wird. Die Veranstalter versprechen viele Überraschungen, neue Bühnen, über 60 Konzerte in vier Tagen.

www.jazzsaalfelden.com/de/programm

Ehrendoktor ist eine angemessene Übersetzung für Honorary Doctorate. Sagen wir also in Zukunft Doktor Pat Metheny. Denn die McGill University in Montreal, Kanada, hat ihm am 29. Mai diesen Titel verliehen.

Zum sechsten Mal schreibt das Institut für Musik der Hochschule Osnabrück den Jungen Deutschen Jazzpreis aus. Er richtet sich an Ensembles mit drei bis sieben Mitgliedern, von denen mindestens die Hälfte an einer deutschen Musikhochschule studiert haben. Die Altersgrenze liegt bei 30 Jahren. Eine vierköpfige Jury wählt unter den Bewerbern drei Ensembles für die Finalrunde aus, die im Dezember stattfinden wird. Bewerbungen bis zum 30.9. an jazzpreis@hs-osnabrueck.de.

Miguel Zenon

 

Im österreichischen Leibnitz geht es vom 26. – 29. 9. um Jazz und Wein, und zwar international und auf hohem Niveau. Hören wird man u.a. Tom Harrell, Mark Turner oder auch Miguel Zenon. Und als Überraschungsgast wird die Wedding Band des bulgarischen Klarinettisten Ivo Papasov erwartet. Was getrunken wird, entscheidet jeder selbst. Tickets und Informationen unter

www.jazzfestivalleibnitz.at

Es war die 17. Bundesbegegnung Jugend jazzt. Im Dortmunder domicil trafen sich Ende Mai 13 Combos des deutschen Jazz-Nachwuchses, die sich in Landeswettbewerben qualifiziert hatten. Einen offiziellen ersten Preis gibt es hier nicht, die vollständige Liste der Teilnehmer und Preisträger kann auf der Website angeschaut werden. Den Preis des Deutschlandfunks bekam das Daniel Oetz Salcines Quartett aus NRW.

www.jugendjazzt.eu

Sacred Bones präsentiert die Wiederveröffentlichung der 1976 erschienenen Mother Earth‘s Plantasia des kanadischen Komponisten Mort Garson. Zu den Album-Highlights zählen Tracks wie „Symphony for a Spider Plant“ oder „Music to Soothe the Savage Snake Plant“. Inspiriert wurde die Plantasia von The Secret Life of Plants, einem Buch, in dem Peter Tompkins und Christopher Bird behaupteten, dass Zimmerpflanzen unsere Gedanken lesen, Naturkatastrophen vorhersagen können und gerne Musik hören. Garson komponierte sein Werk für den in Los Angeles ansässigen Pflanzenshop Mother Earth. Ob es Pflanzen davon abhalten kann, allergene Pollen in die Welt zu setzen, wurde noch nicht erforscht.

Umzug mit Helfer

Nun ist es so weit: Das Jazzmagazin Ihres Vertrauens ist umgezogen: Gerne empfangen wir Sie in unseren neuen, größeren Räumlichkeiten in der Hammer Straße 140 b in 48153 Münster auf einen Kaffee. Telefonnummer und E-Mail-Adresse bleiben wie gewohnt: +49(0)251/5334-32 und jazz@jazzthetik.de.