Rivertone
Straubing
Von Jan Kobrzinowski. Straubing ist eine kleine Stadt in Niederbayern an der Donau, einer dieser Orte, in denen man gerne hängenbleibt. Im Sommer ist meist schönes Wetter und irgendwo immer etwas los. Hier ist man nett zu einand’ und die Leute verstehen zu feiern. Etwas später im Sommer werden die Massen strömen zum Gäuboden-Volksfest, dem weithin größten denkbaren Volks- und Bierfest, das die Stadt mit einer knappen Million Besuchern in zehn Tagen überziehen wird. Eines der Zelte, an denen seit Wochen gezimmert wird, gehört an diesem Wochenende Mitte Juli ganz dem Rivertone Festival. Die Vorgänger und großen Brüder hießen Bluetone und Jazz an der Donau. Rivertone ist kleiner und feiner, die Leute sollen sich wohlfühlen. Festivalchefin Karin Vuskovic will es wissen und möchte Rivertone im kommenden Jahr gerne noch größer aufziehen. Die Vorgänger haben Maßstäbe gesetzt. Man hat gute Sponsoren, viel Geschichte, Unterstützung durch lokale Fans und keine Angst vor der Zukunft. Die Atmosphäre ist familiär. Umrahmt von Jazz-Brunch, Late Night Shows und Sessions in der ganzen Stadt, ist das Hauptprogramm edel und mit Bedacht ausgesucht.
Lily Dahab und Band, Opener am Freitagabend, stimmten die Leute behutsam und charmant auf das ein, was mehr als ein Hauch Latino-Flair werden sollte. Kurz danach trat ein Argentinier in Erscheinung, langhaarig, mit Hut und rosa Brille, der sich als roter Faden des Wochenendes erweisen sollte: Minino Garay, weltgewandter Perkussionist und hier Duopartner des französischen Pianisten Baptiste Trotignon. Mit viel Hingabe spielten sich die beiden durch ihr vorwiegend lateinamerikanisches Repertoire. Manu Katchés neues Elektro-Fusion-Projekt The Scope war Headliner des Freitags. Laut und druckvoll bestätigte er samt rockigem Powertrio mit E-Gitarre (Patrick Manouguian), Bass (Jérôme Regard) und Keyboards (Elvin Galland) seine Position als einer der führenden Groove-Drummer Europas.
Andreas Dombert 35 eröffnete den zweiten Festivalabend mit filigranem Gitarrentrio-Kammerjazz. Gemeinsam mit James Maddren (dr) und Andreas Lang (b) überzeugte der Echo-Jazz-nominierte, übrigens gebürtige Straubinger mit superfeinem Ton und außerordentlich inspirierten Kompositionen und servierte Rivertone so den einzigen lupenreinen Jazz-Gig. Unter dem Titel Tribute to Gotan Project wurde man anschließend Zeuge eines seltenen Ereignisses: Was quasi als Session begann, endete als furioser Live-Act, der das gesamte Publikum auf die Beine brachte. Original-Gotan-Mitglieder (u.a. der erwähnte Minino Garay, Sängerin Verónika Silva, Bandoneonistin Marisa Mercade) traten unter der Leitung der dänischen Geigerin Line Kruse zu einer akustischen Version des legendären Projektes an. Als Top-Act am Samstag leistete sich Rivertone dann Till Brönner, der mit seiner siebenköpfigen Großbesetzung für einen rauschenden Abschluss sorgte. Mit seiner musikalisch perfekten Show polierte der Startrompeter Rivertone noch einmal richtig auf Hochglanz. Er würde sich für Straubing besonders ins Zeug legen, sagte er im Vorfeld, er möge die Herausforderung, „wenn links und rechts musikalische Schwergewichte auftreten“.