Rivertone

© Ulli Scharrer

Straubing

Von Jean Stand. Im niederbayerischen Straubing vertraut man seit vergangenem Jahr auf eine gesunde Mischung aus Mainstream-Jazz, Soul, Funk sowie hochkarätigen Künstlern, die das „gewisse Etwas“ mitbringen. 2018 war das die furiose Session von Gotan-Mitgliedern, diesmal versprühte Dee Dee Bridgewater mit ihrem frankophilen Programm rund um ihr 2005er Album J‘ai deux amours den Hauch des Besonderen. Festival-Chefin Karin Vuskovic verlässt sich gerne auf Strahlkraft und Bühnenpräsenz schillernder Stars. Der Publikumszuspruch gibt ihr recht, denn Rivertone ist kein herkömmliches Jazz-Festival, will es aber auch gar nicht sein. Es möchte seine Leute gut verpflegen, ihnen etwas wirklich Besonderes bieten und sie vor allem auf die Beine bringen. Das gelingt schon am ersten Abend, als der Opener, die Neutral Ground Brass Band aus Amsterdam, ihren Gig stilecht als Marching Band ins Innere des Festzelts verlagert und so das Publikum perfekt auf Showtime einstimmt. Die folgt dann mit dem Auftritt von Multitalent Judith Hill (voc, g, p) mit Mutter Michiko an den Keyboards und Vater Peewee am funkigen Bass. Sie trägt ihr grooviges Soulprogramm mit viel Leidenschaft und Spirit vor. Wer etwas für die Allianz von italienischem Machismo und markiger Soul-Performance übrighat, der steht auch auf Mario Biondi, von vielen als die europäische Antwort auf Barry White bezeichnet. Spätestens mit seiner Version des Klassikers „Nightshift“ zieht der Italo-Crooner das Publikum voll in seinen Bann. Das Quartett von Roman und Julian Wasserfuhr, ergänzt um den brillanten Paul Heller (ts), hängt dem Rivertone in diesem Jahr das Jazzmäntelchen um. Das Publikum, auch jenes, das in erster Linie kommt, um niveauvoll unterhalten zu werden oder das Tanzbein zu schwingen, honoriert das. Die Gebrüder mischen ausgeklügelte Versionen von Pop-Klassikern mit Jazz und behalten dennoch den Mut zu dissonanteren und kollektiv improvisierten Passagen.

„Macht es euch gemütlich“, so Dee Dee Bridgewater zu den sechs Frauen, die per Los ein „Meet and Greet“ mit der Diva gewonnen hatten. Sie stimmt sogar „Happy Birthday“ für eine von ihnen an. Immer dabei: Dee Dees Wuschelhund Daisy. Ein alter Rivertone-Bekannter, Minino Garay, der für Bridgewater Cajon und Becken streichelt, sorgt neben dem Akkordeon-Virtuosen Marc Berthoumieux, Bass und Gitarre für das gewünschte Flair in Mrs. Bridgewaters Chanson-Programm. Ein Abschluss mit der Funk-Ikone Candy Dulfer kann nur furios werden, das wusste die Festivalleitung bereits im Vorfeld und setzte daher auf die Niederländerin als Zugpferd für die Samstagnacht.

© Ulli Scharrer

Rivertone geht einen der möglichen Wege, die Festivals heutzutage offenstehen, indem es Musikliebhabern anspruchsvolle Live-Erlebnisse mit gehobenem Mainstream verschafft. Ergänzt durch Rahmenprogramme für Kinder und Lokalkolorit („Boarische Late Night Show“), gute Gastronomie in eleganter und festiver Atmosphäre bereichert es das Angebot in deutschen Landen um ein ganz besonderes Event mit eigener Ausstrahlung.