Sparks & Visions 2024
Ganna

Sparks and Visions

Regensburg

Von Sebastian Scotney. Es ist bemerkenswert, wie schnell und zielsicher die künstlerische Leiterin Anastasia Wolkenstein das neue Regensburger Festival Sparks and Visions zu einem florierenden Unternehmen entwickelt hat. Momentum und Glaubwürdigkeit gingen schon im Vorjahr damit einher, dass der Bayerische Rundfunk nach kurzem Blick auf das Programm beschloss, die Konzerte komplett aufzunehmen. Und sich daraufhin im neuen Jahr – „same procedure as last year“ – dafür entschied, vier Stunden Konzerte mitzuschneiden und zu senden.

Das Festival allerdings hat noch weitere Vorzüge, nicht zuletzt den Veranstaltungsort. Das Theater Regensburg ist ein großes hufeisenförmiges Opernhaus nach dem Vorbild der Scala und, wie Wolkenstein sagt, „ein großartiger, einladender Ort.“ Einige der Bands waren sichtlich beeindruckt von dem herzlichen und unterstützenden Publikum, das sie von der Bühne aus erlebten. Die Qualität blieb hoch, und diesmal gab es ein besonderes Erlebnis, aus dem ich aber auch jede Zuschauer*in mit einem Lächeln auf dem Gesicht herauskommen sah. Und ich nahm um mich herum wiederholt Worte wie „Spielfreude“ und „Leichtigkeit“ wahr. Es handelte sich um das Duo von Evi Filippou (vib) mit dem Bassisten Robert Lucaciu. Gegen Ende des Sets spielten sie Geri Allens „Feed the Fire“, und ich kann es kaum erwarten, diese Vibrafonistin mit ihrem wunderbar leichten Anschlag im Radio nachzuhören. 

Wolkenstein, eine begeisterte und hingebungsvolle Zuhörerin, leitete das Duo von Norma Winstone mit dem Pianisten Kit Downes mit den Worten ein, dass die Beiträge der 82-jährigen Sängerin zu Kenny Wheelers Music for Large and Small Ensembles ihre persönliche Mitsing-Musik sei. Auch die beiden anderen Sängerinnen des Festivals sorgten für Faszination und Abwechslung. Ganna, die ursprünglich aus der Ukraine stammt, bot eine Soloshow mit Keyboards und Elektronik. Ihre vielen Talente als Musikerin, Komponistin und Sängerin – einschließlich Zauberei – sind außergewöhnlich. Und die Estin Kadri Voorand ist wirklich eine moderne Virtuosin, die sich in einer breiten Palette von Stücken wohlfühlt und diese mit enormer Bühnenpräsenz und Energie präsentiert. Ihr Partner Mihkel Mälgand am Bass ist dabei ein Klasse-Act für sich.

Sparks & Visions 2024
Teis Semej

Außerdem tauchten wir ein in die kontemplativ-intensiven Welten zweier ECM-Bands: Wolfert Brederodes Ruins and Remains am Samstagabend und Tord Gustavsens Trio am Sonntagmorgen. Dazu gab es zwei jüngere Bands: Das Set von Alfa Mist hatte einige aufregende Momente, aber im Allgemeinen war ich überrascht, wie introvertiert diese Band sein kann. Das multinationale Teis Semey Quintet zeigte die Tiefe, Vielfalt, Kameradschaft und jugendliche Energie der Amsterdamer Szene.

Wolkenstein macht sich als Programmgestalterin viele Gedanken über Kontraste, Ausgewogenheit und Dramaturgie der Abläufe und bewies, dass sie für diese Aufgabe ein großes Gespür besitzt. Nach zwei Festivalausgaben können wir nur hoffen, dass Sparks and Visions auf Dauer Bestand hat – oder vielleicht soll man diesen Wunsch so formulieren: „Same procedure every year“.