Sebastian Scotney

The London Column

Die Jazzrocker von Soft Machine sind seit den 70er Jahren nicht mehr so aktiv gewesen wie dieses Jahr. Mit Hidden Details kommt im September ein neues Album heraus. Ihre Konzerttour begann im Juli in Quebec und Japan. Im Herbst spielen sie in zahlreichen europäischen Städten, von Ost nach West, einschließlich eines Dutzends Konzerte hier im Vereinigten Königreich. In Amerika, wo sie seit 1975 nicht mehr aufgetreten sind, sind sie Ende 2018 mit einer Tour von Küste zu Küste zu hören.

Ich wollte herausfinden, wie es zu diesem Aktivitätsschub kam. Als ich dem umgänglichen Gitarristen der Band, John Etheridge, diese Frage stellte, kamen ihm als Erstes die schiere Energie und der außerordentliche Elan des Moonjune-Labelgründers Leonardo Pavkovic in den Sinn. Pavkovic, der in Jajce in Bosnien-Herzegowina geboren ist, zog es1990 in die USA. Dort entwickelte er seit dem Jahr 2000 sein Label, mit dem er unter anderem verfolgte, was er seine „verrückte Idee“ nannte, „die Idee nämlich, die legendären Soft Machine zu reformieren oder wiederaufleben zu lassen“. Er brachte 2002 das Album Abracadabra heraus mit der Band, die sich damals Soft Works nannte. Pavkovic führte diese Arbeit weiter und plant und managt jetzt die Entwicklung der Gruppe.

Aber warum die plötzliche Aktivität gerade in diesem Jahr? Etheridge meint, dass dies sicher teilweise damit zusammenhängt, dass die Band heute wieder unter ihrem alten Namen Soft Machine auftritt und nicht mehr als Soft Machine Legacy wie von 2004 bis 2016. „Man fragte uns, ob wir eine Art von Tribute Band seien. Dabei sind wir doch alle echte Soft-Machine-Mitglieder.“ Er grinst. „Was sicher auch noch mitspielt: Man weiß, dass wir alle nicht mehr die Jüngsten sind. Also jetzt oder nie!“

Ein weiterer Faktor: 2018 ist das 50. Jubiläum des ersten Albums der Band The Soft Machine mit Kevin Ayers, Mike Ratledge und Robert Wyatt. Aber spielt vielleicht noch etwas anderes mit? Der Journalist John Kelman glaubt ja. „Die beiden Begriffe ,progressiv‘ und ,Rock‘ sind nach Jahren der Verachtung plötzlich wieder salonfähig. Jüngere Musiker, die progressiven Rock spielen, wie Big Big Train und Steven Wilson, benutzen regelmäßig Klang- und Stilelemente dieses Genres. Elbow und Field Music tun es auch.“

Aber der wichtigste Grund dafür, wie gefragt Soft Machine dieses Jahr sind, ist die schiere Qualität ihrer Musik. Etheridge beschreibt den Sound so: „Es ist nicht einfach Fusion, da sind auch Grunge-Elemente. Ich bin sicher, dies ist unser bisher bestes Album.“

Jazzjournalist Sebastian Scotney betreibt die Website www.londonjazznews.com und macht Podcasts und Dokumentarberichte fürs Radio.