Tom Ibarra

Freshman und Frenchman

Man sollte meinen, dass jemand, der Jimi Hendrix, Weather Report und Pat Metheny als Einflüsse und Vorbilder nennt, schon im gesetzteren Alter sein muss. Der französische Gitarrist Tom Ibarra ist jedoch gerade mal zarte 18 Jahre jung und doch schon ein alter Hase im Musikgeschäft. In diesem Jahr wurde er mit dem LetterOne Rising Stars Jazz Award ausgezeichnet.

Von Angela Ballhorn

Tom Ibarra Group © Thierry Dubuc

Sparkling ist bereits die zweite CD, die der junge Franzose aufgenommen hat, sein erstes Album hatte er mit 15 veröffentlicht. Seitdem hat er begonnen, auch selbst Stücke zu schreiben. Auf den begabten Musiker wurden prominente Kollegen aufmerksam: Marcus Miller, Richard Bona und Didier Lockwood luden Tom Ibarra ein, mit ihnen zu spielen. Ich habe im Alter von sechs Jahren mit der Gitarre angefangen, das war die Schuld meines Großvaters. Ich war oft bei meinen Großeltern in den Ferien. Mein Opa ist Amateurmusiker, ich habe ihm zugehört und hatte Lust, selbst auch mit Musik anzufangen. Als ich mit 16 meinen Schulabschluss machte, hatte ich das Glück, mich am Centre des Musiques Didier Lockwood in Paris einschreiben zu können. Dort habe ich vor zwei Jahren begonnen, Musik zu studieren. Davor hatte ich keine Ausbildung, keinen Musikunterricht, keinen Theorieunterricht, ich war bis vor zwei Jahren absoluter Autodidakt.“

Musikalisch war der Gitarrist schon immer für alles offen, Rockmusik habe er viel gehört, erzählt er. „Zum Beispiel war Jimi Hendrix ein wichtiger erster Einfluss. Später, als Teenager, habe ich angefangen, Wes Montgomery oder Pat Metheny zu hören.“ Doch nicht nur Gitarristen zählt Tom Ibarra auf, er ist großer Fan

der epochalen Jazzpianisten. Chick Corea, Keith Jarrett oder Herbie Hancock sind seine Favoriten. Sparkling ist ebenso untypisch wie die Einflüsse, die Ibarra nennt – es ist eine Fusion-CD. Das Musikgenre wird hartnäckig totgeschrieben und kommt doch immer wieder hoch. Natürlich habe ich auch für diese Musik Vorbilder. Ich mag Weather Report oder Tribal Tech um den Gitarristen Scott Henderson. Die kanadische Band UZEB habe ich ebenfalls intensiv studiert.“ Über den Hinweis, dass all diese Vorbilder auch ein 60-jähriger Gitarrist hätte nennen können, lacht der Teenager. Gibt es denn keine jungen, neuen Musiker, die den Gitarristen interessieren? Doch, schon“ schmunzelt Ibarra. „Den Gitarristen Julian Lage finde ich toll, oder den Pianisten Brad Mehldau. Aber der ist jetzt ja auch schon wieder älter, oder?“

Ibarras Fusion-Musik klingt anders als die Vorläufer aus den 80er und 90er Jahren, das Klangbild hat sich komplett verändert. Der Gitarrist hat alles Verstaubte, was dem Genre so anhaftet, weggeblasen. Eine große Hilfe dabei ist ihm sein Quartett, mit dem er schon länger zusammenarbeitet. Ich spiele mit Jeff Mercadié am Saxofon, Auxane Cartigny an den Keyboards, Antoine Vidal am Bass und Pierre Lucbert am Schlagzeug. Die Besetzung passt genau für meine Musik. Für die CD hatten wir noch zwei Gäste dabei, zum einen den Saxofonisten Stéphane Guillaume, zum anderen – und da bin ich wirklich stolz drauf – den Bassisten und Leader der Band Snarky Puppy, Michael League. Der hat auf einem Stück mitgespielt. Ich habe ihn schon öfter getroffen und gefragt, ob er mitspielen wolle. Wir hatten das Glück, dass wir tatsächlich einen Termin finden konnten und er zwei Stücke aufnehmen, wovon jetzt eins auf der CD gelandet ist.“

Die Kompositionen der CD stammen alle von Tom Ibarra. Der Gitarrist komponiert erst seit zwei Jahren und geht nach keiner festen Methode vor. „Oft singe ich eine Melodie und füge nach und nach Bass und Harmonien dazu, aber der Startpunkt ist selten die Gitarre.“ Preise hat der junge Musiker schon einige verliehen bekommen: Auszeichnungen wie erste Plätze bei der Sacem 2013 und 2014 und den Jeune Espoir Action Jazz / Young Talent Award 2016. Er ist jüngster Endorser für Ibanez-Gitarren (seit 2015) und ganz aktuell Gewinner des LetterOne Rising Stars Jazz Award. Dabei wählten in der ersten Runde Festivals ihre Top Ten, in der zweiten Runde wählte dann eine international besetzte Jury ihre Acts aus. Tom Ibarra konnte beide Runden gewinnen.

Der Rising Stars Award hat Tom Ibarra beim Booking geholfen, er konnte für seine Band einige zusätzliche Konzerte buchen. Gäste wie auf der CD sind für die Tour erst mal nicht geplant. „Aber wer weiß, was sich bis zum Sommer noch ändert. Mein Quartett ist meine feste Besetzung, über die ich sehr glücklich bin. Wir spielen unter anderem im Sommer in England – und wir spielen in Stuttgart am selben Abend wie Marcus Miller.“

Aktuelle CD:

Tom Ibarra: Sparkling (Autoproduction)