In jeder Ausgabe der JAZZTHETIK werden die aktuellen CD und DVD Neuerscheinungen aus Jazz, Weltmusik, Elektronik, Blues, u.v.m. vorgestellt. Neben den Einzelvorstellungen gibt es auch Kolumnen zu speziellen Themen. Hier finden Sie 3 ausgewählte Rezensionen zum Probelesen!

Tobias Altripp Trio

We Bring Some Horns

Mons

4 Sterne

Das spaßige Cover-Foto mit dem Bandleader samt Ziege ist eine gute Einstimmung auf die positive Musik, die der Pianist und Bandleader auf diesem Album präsentiert. Bereits als Zwanzigjähriger präsentierte er im Jahr 2019 sein erstes Solo-Werk. Kurz darauf formierte er sein eigenes Trio. Obwohl offiziell als Trio tituliert, ist seine aktuelle Combo ein Quintett. Trompeter und Flügelhornist Gabriel Rosenbach und Tenor Saxofonist Marc Doffey erweitern die Gruppe und geben dem vitalen Gruppensound eine klassische Note. Man denke nur an legendäre Quintett-Besetzungen im Jazz wie George Coleman und Freddie Hubbard auf Hancocks Maiden Voyage. Trompete und Tenor sind einfach eine zeitlos gute Paarung. Nichtsdestotrotz sind beide Musiker ein völlig ungleiches Gespann. Wo Gabriel Rosenbach, ganz Melodiker, den schönen Sound liebt, bricht Gipfelstürmer Marc Doffey gerne auch ungestüm aus – wie zum Beispiel auf „The Bash Lords with the Slash Chords“. Besondere Erwähnung verdient auch der hervorragende Drummer Micha Jesske. So treibt der mit einem vertrackten 12/8-Takt die Nummer „How‘s It Called“ an und leitet dann in einen lässigen Swing über. In der sehnsuchtsvollen Ballade „So Close“ streicheln die Musiker zärtlich ihre Instrumente. Auch als Solist hat hier Altripp seine Glanzmomente – nebst dem Lyriker Rosenbach. Mit dem flotten Swing „Daa-Hee-Yaa-Hee-Yaa“ geht es dann gut gelaunt in die Endrunde. Diese fünf Musiker sind keine Kinder von Traurigkeit.

Andreas Schneider

Stefano di Battista

La Dolce Vita

Warner

4 Sterne

La Dolce Vita ist für Stefano di Battista viel mehr als nur ein Filmtitel. Es ist ein Tor zu einer anderen Welt, in der Leinwandfantasien Wirklichkeit sind und Träume wahr werden. Daher beschloss di Battista ein Album zu schaffen, das vom Glanz dieser Epoche durchdrungen ist und die Brillanz der großen italienischen Musik vergangener Zeiten einfängt. Zusammen mit Matteo Cutello (trp), Fred Nardin (p), Daniele Sorrentino (bs) und Andre Ceccarelli (dr) taucht er in zwölf Kompositionen in diese goldene Zeit ein und präsentiert sie in einem zugleich kompakten und luftigen Bandsound. Die Band schafft mit jedem Titel eine eigene Stimmung und macht sie sich so zu eigen, ohne sie zu verbiegen. Der Prozess, diese Stücke mit neuem Leben zu füllen und damit sicherzustellen, dass sie in der heutigen Welt ihren Platz haben, gibt uns ein Gefühl tiefer Zufriedenheit. Daher möchte ich sie mit allen Sinnen genießen,“ sagt der Bandleader zur Arbeit an den Stücken. Da sich dieser Genuss beim Hören der Veröffentlichung überträgt, scheint die Mission geglückt. La Dolce Vita ist ein Album, das die Zuhörenden mitnimmt, keine Brüche erzwingen muss, um interessant zu bleiben, und sich traut, Stimmungen zuzulassen und auszukosten. So entsteht Unterhaltung im besten Sinne.

Thomas Bugert

Sandro Roy

Exploration

GLM / Edel:Kultur

4 Sterne

Eigentlich ist er noch blutjung, der Geiger und Gitarrist Sandro Roy, aber schon eine gefragte Größe in der Szene. In seiner Musik verbindet er gekonnt seine Wurzeln, die im Gipsy Swing zu finden sind, sowie Elemente aus der Klassik und dem Modern Jazz. Dabei ist sein Spiel geprägt von virtuoser Technik, typischen Stilelementen, warmem Klang und vor allem einer Lässigkeit, die man nicht einüben kann. Mit Exploration legt Roy nun sein inzwischen viertes Album vor, bei dem er allerdings erstmals mit seiner Unity Band (Boris Netsvetaev, Piano, Synthesizer; Jan Prax, Saxofon; Sven Jungbeck, Rhythmusgitarre; und den beiden Bassisten Volker Kamp und Stefan Berger) in Erscheinung tritt. Das Album beinhaltet zahlreiche Eigenkompositionen von Roy, in denen er gemeinsam mit seiner Band eine groovige Verbindung zwischen Jazz und Klassik präsentiert sowie mit „The Man I love“ und „Our Love Is Here to Stay“ zwei Liebeserklärungen an George Gershwin. Den Abschluss der Platte bildet Roys Eigenkomposition „Fantaisie pour Violon et Orchestre op. 4“, ein klassisches Werk, das er mit der Bayerischen Kammerphilharmonie eingespielt hat. Roy erweist sich als reifer und ungemein vielseitiger Künstler – und das nicht nur auf der Geige. So greift er beim Bossa Nova „Beija-Flor“ auch zur Gitarre und liefert sich mit sich selbst einen virtuosen Dialog. Eine wirkliche Entdeckung, diese Platte!

Verena Düren