Diknu Schneeberger Trio

Live from Porgy & Bess

o-tone / Edel:Kultur

5 Sterne

In diesen für die Kultur dunklen Zeiten braucht man schon mal entspannte und unbeschwerte Musik. Dass diese dabei nicht automatisch weniger virtuos sein muss, zeigt das Debüt-Album des aktuellen Diknu Schneeberger Trios. Nachdem der 30-jährige Gypsy-Gitarrist und Wiener Sinto zunächst mit seinem Vater Joschi, einem renommierten Gypsy-Bassisten, und dem Gitarristen Martin Spitzer gearbeitet und vier Alben herausgebracht hat, emanzipiert er sich nun von der älteren Generation, bleibt dabei aber seinen Vorbildern treu. Im neuen Diknu Schneeberger Trio ist er gemeinsam mit Julian Wohlmuth (g) und Martin Heinzle (b), zwei gleichaltrigen Musikerkollegen, zu hören. Die Aufnahme entstand bereits in Corona-Zeiten als Stream ohne Saal-Publikum in dem renommierten Wiener Jazz-Club Porgy & Bess, eine wunderbare Location für Musik à la Django Reinhardt. Schneeberger ist hörbar der Bandleader: Nicht nur dominiert er ganz klar jeden der dreizehn Tracks, sondern bis auf eine Ausnahme entstammen diese alle aus seiner Feder. Bei seinen Eigenkompositionen gelingt es Schneeberger, dem Vorbild Reinhardts treu zu bleiben, ohne ihn zu kopieren. Und auch seinen direkten Vorbildern setzt er teils – wie in „Martins Song“ – ein kleines Denkmal. Auch die Umsetzung ist technisch brillant mit einer immer präsenten und hochvirtuosen Lead-Gitarre von Schneeberger und einem soliden Fundament von Wohlmuth und Heinzle. Ein entspannter und swingender Hörgenuss – genau das Richtige für trübe Zeiten!

Verena Düren

Dhalgren

Songs from a Dystopian Utopia

Boomslang / Galileo

5 Sterne

Eine Welt, in der alle ruhiggestellt sind, um zu konsumieren und zu gehorchen – Aldous Huxley hat beschrieben, was bevorstehen könnte, wenn wir uns nicht dagegen entscheiden. Chris Dahlgren (die vertauschten Buchstaben kennzeichnen den Künstlernamen) widmet dem dystopischen Roman einen Song – und erhebt nicht nur hier seine dunkle, ausdrucksmächtige Stimme, die man so schnell nicht vergessen und kaum noch missen will. Dhalgrens „dystopische Utopien“ sind episch verschlungene, subjektive Gratwanderungen zwischen Spacerock, Düster-Jazz und Psychedelic Folk – in einer Klangwelt bestehend aus Gitarren, Streichern, Vibraphon, Bass und Schlagzeug. Als Reiselektüre taugen russische Science-Fiction-Romane, die Dhalgren als weitere literarische Quelle neben Shakespeare und Huxley heranzieht. Ein derart vor Substanz berstendes Album zu schreiben, weil die innere Stimme wütend und lebenshungrig danach verlangt, das gelingt Chris Dahlgren wohl auch, weil er an musikalischen Grundlagen forscht: Der US-Amerikaner, ein wahrer Multi-Instrumentalist überdies, studierte Komposition bei Anthony Braxton und Kontrabass bei Dave Holland, kooperiert aktuell mit Gebhard Ullmann und Eric Schaefer. Im Melting-Pot Berlin fühlt er sich seit vielen Jahren angekommen. Hier stieß er auch auf die Sängerin Almut Kühne und den Saxofonisten Hayden Chisholm, die phasenweise die Arrangements bereichern. Es geht hier um nicht weniger als alles: Um den Blues des Lebens in einer Zeit, in der die Realität längst die meisten dystopischen Romane überholt hat.

Stefan Pieper

Daniel Stelter

Begegnung

o-tone / Edel:Kultur

3,5 Sterne

Wenn man die CD Begegnung des Jazz-/Allround-Gitarristen Daniel Stelter in der Hand hält, fällt auf, dass der Name des Künstlers neben den fetten Lettern des Albumtitels fast verschwindet. Das dürfte darauf hindeuten, dass es hier um eine im Kollektiv erschaffene Musik geht und nicht um die Selbstdarstellung eines Einzelnen. Dennoch muss man klar feststellen, dass das Gitarristische dominiert und die Begleitung mit wenigen Ausnahmen sehr zurückhaltend, geschmackvoll, aber der Musik kalkuliert dienend unterworfen ist. Die Mitstreiter, darunter Jazz-Drummer Manu Katché und Popsänger Xavier Naidoo, dienen der klanglichen Einbettung, ohne den Gitarrenklängen zu sehr in die Parade zu fahren. Man hat das Gefühl, dass Stelter mit seinem Programm – darunter der ältere Klassiker „Moon River“ von Henry Mancini und der neuere Pop-Klassiker „Fields of Gold“ von Sting – die Vorstellung eines perfekten Soundtracks für einen gelungenen Feierabend realisieren wollte, bei dem man mit einem Glas Rotwein in der Hand der Musik, durchaus konzentriert, lauscht. Es fließt alles sehr ruhig (praktisch gar nicht jazzig), lyrisch, folkig und etwas klassisch dahin. Im längsten Track „Begegnung“ baut sich mit dem flächigen ambient-ähnlichen Soundgewand dann doch noch einige Dramatik auf. Es ist alles selbstverständlich gut gespielt, aber über die ganze Länge der Einspielung dominiert der reine Schönklang. Aber wenn man mal ein paar Gänge herunterschalten will…

Andreas Ebert